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Interview mit Bligg



Knapp ein Jahr nach dem Erfolg von "Volksmusigg" zusammen mit der Streichmusik Alder erscheint das neue Bligg-Album "0816". Wir haben Bligg zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Du hast dein Album 08/16 getauft. Müssen wir das so verstehen, dass Du mit Deiner Musik nur knapp am langweiligen Durchschnitt vorbeischrammst? Oder wie bist Du darauf gekommen?
Bligg: Die Idee ist, das 0816 ausdrücklich nicht 0815 ist.

hitparade.ch: Seit dem Duett mit den Streichmusik Alder zeigst du dich betont schweizerisch-urchig. War diese Zusammenarbeit in irgendeiner Form ein Schlüsselerlebnis für deinen musikalischen Weg?
Bligg: Die Zusammenarbeit mit der Streichmusik Alder hat mich schon inspiriert. Die Idee ist es jedoch nicht, nach einer erfolgreichen Single ein ganzes Album im selben Stil zu machen. Das wäre eine geschäftliche Strategie.
Meine Strategie ist rein musikalisch und basiert auf der Musik der Streichmusik. Als wir den Song im Studio einspielten, entdeckte ich, dass die volkstümlichen Instrumente - z.B. Hackbretter - sehr interessant in meinen Sound einbettbar sind. So wurde mir bewusst, dass es bei uns in der Schweiz auf dem musikalischen Boden viel Interessantes auszuprobieren gibt. Warum also den Käse in Holland kaufen?

hitparade.ch: Mittlerweile kopieren dies ja auch andere Künstler, wie Gimmas Band mit dem Trio Eugster oder Francine Jordi mit dem Jodlerclub. Was hältst du davon?
Bligg: Ich kenne eine Burger-King-Filiale. Und gleich daneben steht ein Plaka von McDonalds, auf dem steht: "Oft kopiert und nie erreicht". Irgendwie finde ich das Plakat witzig.

hitparade.ch: Die neue CD hast du wie "Volksmusig" mit Fred Herrmann und Roman Camenzind gemacht. Was hatte das für Einflüsse auf die CD?
Bligg: Roman hat beim Konzept des Albums mitgeholfen. Bei der Produktion des Albums ist er allerdings bis auf zwei Songs nicht dabei. Das Album wurde eigentlich ausschliesslich von Fred Hermann und mir produziert. Fred ist seit drei Jahren mein Schlagzeuger und gleichzeitig Leiter des Hitmil-Studios.
Als es darum ging, die Hackbretter für mein neues Album zu verwenden, wusste ich, dass ich jemanden brauche, der musikalisch noch einen Schritt weitergehen kann als ich. Ich produziere ja selber auch, unter anderem die Songs "Börn Baby", "Frei wie en Vogel" sowie "Alles scho mal ghört". Das wissen viele Leute gar nicht. Meine Produktionsfähigkeit ist aber relativ begrenzt. Das Hitmill-Studio war die ideale Räumlichkeit für die Umsetzung es Albums. Als uns das bewusst wurde, sagten wir uns "Hey, let's do it!"

hitparade.ch: Auf deiner CD hat es viele Elemente aus eher volkstümlichen Gefilden. Hast du in letzter Zeit intensiv Ländler gehört oder einfach selber ausprobiert?
Bligg: Wir hatten vier Monate für die Produktion. Ich bin zwar kein Fan von Volksmusik, aber um uns mit diesen Instrumenten vertraut zu machen, hörten wir uns drei Tage ausschliesslich solche Lieder an. Dann war's uns aber zu viel, weil sich vieles wiederholt oder ähnlich klingt. Es ist jetzt aber ja auch nicht so, dass Bligg auf Volksmusik macht. Ich lasse die volkstümlichen Instrumente einfach in dieses Konzeptalbum einfliessen. So gehe ich auch textlich oft auf das Land ein. Doch nicht im Sinne eines Souvenirshops mit der Idee "Schweiz = Käse, Berge und Schokolad". Es war mir wichtig, musikalisch eine moderne Schweiz abzubilden. So erzähle ich z.B. im Lied "Secondos" die Geschichte meines Grossvaters, der erst vor 40 Jahren in die Schweiz kam. Die Schweiz zeichnet sich durch die Menschen aus, die das Land zu dem gemacht haben, was es heute ist. Mir war es wichtig, mit diesem Album verschiedene Facetten der Schweiz aufzugreifen.

hitparade.ch: Allgemein kann man auf 08/16 feststellen, dass du dich musikalisch, von den Melodien und Instrumentierung her, sehr weit vom Hip-Hop entfernst. Sehr viele rockige Einflüsse sind zu hören. Warum ist das so ausgeprägt?
Bligg: Wer meinen Sound ein bisschen kennt, der weiss, dass ich sehr viele rockige und poppige, aber auch soulige Elemente einfliessen lasse. Und durch Fred Hermann und meine eigene Band besteht nun auch die Möglichkeit, die Sachen entsprechend umzusetzen. Und das ist das Beste, was einem Künstler passieren kann. Ein Künstler sollte sich weiter entwickeln. Die Musik lebt von Trends. Es ist eine stetige Weiterentwicklung. Ich bin kein Künstler, der auf einem Film hängen geblieben ist und diesen Film während fünf Alben durchzieht. Als ich mit Bligg'n'Lexx angefangen hatte, standen uns die finanziellen und musikalischen Mittel noch nicht zur Verfügung. Hätte es das früher aber schon gegeben, hätten wir schon damals solche Musik gemacht.

hitparade.ch: "Musigg in de Schwiz" ist eine Ode an die helvetische Popmusik. Der Text ist geschmückt mit vielen Bandnamen und Anspielungen auf Songs und Bands. Wie bist du auf diese Idee gekommen? Hast du schon Feedbacks erhalten?
Bligg: Ich wurde angefragt, ob ich dieses Jahr wieder bei den "grössten Schweizerhits" mitmachen möchte. Und da ja jetzt alle anderen meinen Stil kopieren, dachte ich mir, ich müsste mir wieder mal etwas Neues einfallen lassen. Dann habe ich mir vergegenwärtigt, was in dieser Sendung genau passiert. Sie vereint Querbeet alle Musikstilrichtungen. Alle treten dort auf - bekannte Bands wie Gotthard, Züri West und Stress, aber auch unbekanntere Acts wie My Name Is George. Diesen Mix wollte ich auch in den Song reinbringen. Es ist aber nicht so, dass ich einfach nur meine Lieblingskünstler aufgezählt habe. Die Idee kam mir lustigerweise mitten in der Open-Air-Saison. Als ich die ersten Zeilen schrieb, kam mir ein Magazin in die Hand, wo all die Namen aufgelistet waren. Das war natürlich eine perfekte Arbeitsvorlage.
Feedbacks von der breiten Masse habe ich noch nicht erhalten - das kommt noch. Von Adrian Stern und Baschi weiss ich aber, dass sie Freude an dem Song haben.

hitparade.ch: Wenn wir schon bei Schweizer Bands und Musiker sind: Auf 08/16 hat es einen Rocksong zusammen mit Gölä. Ihr besingt ein altes Männerproblem und Frauenklischee. Wie habt ihr zwei zusammengefunden und wie ist der Song entstanden?
Bligg: Letztes Jahr hatten Gölä und ich einige Shows am gleichen Abend am gleichen Ort. Beide arbeiteten wir zu dieser Zeit an einem neuen Album. Nach der Show haben wir mal ein Bier getrunken. Und als es dann ein paar Bier mehr waren, sagte ich ihm, er soll mal ins Auto kommen und sich die Demos anhören. "Nur en Söldner" hat ihm extrem gefallen und er sang gleich mit. Da fragte ich ihn, ob er nicht mal Lust hätte, einen Song mit mir aufzunehmen. Er sagte zu und so machten unsere Managements einen Termin aus. Wir hatten sechs Stunden Zeit, um den Song zu schreiben und aufzunehmen. Geschrieben war er in einer Stunde. Wir sagten uns, wenn er scheisse wird, wird er scheisse; dann lassen wir es sein. Und wenn er cool wird, dann wird es etwas Cooles. So ist der Song entstanden.

hitparade.ch: Eine kleine Hommage an Mani Matter befindet sich auch noch auf der CD drauf. Was bedeutet Mani Matter für dich, nebst vielleicht Erinnerungen an die Jugend?
Bligg: Ich bin mit Mani Matter aufgewachsen. Mit sieben habe ich mir Gitarren spielen beigebracht. Ich übte damals mit einem Liederbuch, in dem die Gitarrengriffe der Mani-Matter-Songs standen. So hat er mich schon sehr beeinflusst.
Ich denke, er hat allgemein viele Menschen in der Schweiz geprägt. Er war ein grossartiger Geschichtenerzähler und ist eine Legende.

hitparade.ch: Es gab ja 1992 ein Tribut-CD für Mani Matter. Inzwischen sind 16 Jahre vergangen und viele neue Musiker aufgestrebt hierzulande. Wäre es Zeit für ein zweites Tribut oder wäre das der Verneigung zuviel?
Bligg: Das ist eine geile Idee. Warum nicht? Vielleicht müsste ich mir jetzt gerade Gedanken machen über die Produktion eines solchen Albums. Respekt ist bei mir sehr gross geschrieben, gerade auch bei der künstlerischen Arbeit. Und so jemand wie Mani Matter hat sich diesen Respekt verdient. Seine Arbeit hat viele insperiert. Wenn wir ihm das zurückgeben können, indem wir so ein Album machten, fände ich das eine schöne Sache.

hitparade.ch: Nebst witzigen Texten befindet sich auch Nachdenkliches auf 08/16; "1 Tag" ist ein solcher Song. Was steckt da für eine Geschichte dahinter?
Bligg: Ich bin ein sehr witziger Mensch würde ich mal sagen. Lachen ist auch wichtig im Leben. Man sollte nicht immer alles zu ernst sehen. Selbst in diesem Song hat es manchmal eine Zeile mit Witz. Trotzdem bin ich ein Mensch, der über das Leben und das, was danach kommen könnte, nachdenkt. Ich denke, man vergisst in unserer Gesellschaft manchmal, dass man nicht für ewig lebt. Und mit diesem Song wollte ich mitteilen, dass man jede Sekunde oder jede Minute auf diesem Planeten schätzen sollte. Ich habe eine Liste in diesem Song, mit Sachen, die ich an dem letzten Tag ganz sicher noch erleben möchte - so viele Sachen, dass die Zeit für alles nie reichen würde. Als ich den Song geschrieben hatte, kamen Kollegen zu mir und erzählten von dem Film "The booked list" (übersetzt: "Die Löffelchen-Liste"). Darin geht es genau um dieses Thema. Ich glaube, die Message des Films und des Songs, greift das auf, was am Schluss zählt.

hitparade.ch: Wir haben auf hitparade.ch ein Forum mit etwas ähnlichem Titel "Wenn in fünf Minuten der Weltuntergang wäre" gekoppelt mit der Frage "Welchen Song würdet Ihr noch einmal hören?". Was wäre dein letzter Song?
Bligg: Das ist schwierig…(überlegt). Ich würde glaube ich "110th Street" von Bobby Womack hören.

hitparade.ch: Hast du einen letzten Song an deinen Konzerten? Oder einen mit dem du immer die Sets beginnst oder beendest? Eventuell schon seit Jahren?
Bligg: Bei den Live-Shows beziehen wir uns immer auf das aktuelle Album. In den letzten zwei Jahren war der letzte Song "Mir all sind…", der live immer besonders gut funktionierte. Doch mit jedem Album kommt eine neue Show und ein neues Set.

hitparade.ch: Wenn wir gerade bei Live-Auftritten sind. Nur drei Konzerte sind im Moment angekündigt. Das kann doch nicht alles sein, oder?
Bligg: Es wird im Dezember drei exklusive Shows geben und das wäre es mal für den Moment. Ich hoffe natürlich, dass die Leute, die uns live sehen wollen, an eine von diesen drei Shows kommen werden. Wir werden versuchen, den Sound der CD auf die Bühne zu transportieren. Nebst meiner siebenköpfigen Band wird auch ein Hackbrettler und ein Akkordeonist dabei sein. Ich bin der Meinung, dass es diesen Sound, wie er auf der CD daher kommt, so noch nie gegeben hat. Wie es nach dem Dezember weitergeht, hängt vom Erfolg der CD ab.

hitparade.ch: Kommen wir zur Top 10 der Schweizer Hitparade. Was kannst du kommentieren?

10. Amy Macdonald - This Is The Life
Bligg: Ist nicht so mein Ding.

9. September - Cry For You
Bligg: Finde ich okay.

8. Guru Josh Project - Infinity 2008
Bligg: Kenne ich zu wenig.

7. Maria Mena - Just Hold Me
Bligg: Finde ich okay.

6. Jodlerklub Wiesenberg & Francine Jordi - Das Feyr vo dr Sehnsucht
Bligg: Sind Nachahmer.

5. Rihanna - Disturbia
Bligg: Rihanna finde ich allgemein cool. Auch diesen Song!

4. Katy Perry - I Kissed A Girl
Bligg: Ich hörte diesen Song zum ersten Mal im Auto und wusste, er wird einschlagen wie eine Bombe - schon aufgrund des provokanten Texts. Ich war auf dem Weg zum Studio und sagte zu Fred, dass dieser Song ein Überhit wird. Und es wurde ein Überhit. Ehrlich gesagt kann ich ihn mittlerweile nicht mehr hören.

3. Gabriella Cilmi - Sweet About Me
Bligg: Finde ich "huere geil".

2. Gölä - I ha di garn
Bligg: Mir gefallen eher die schnelleren Sachen von Gölä. Zum Beispiel "Frei wie de Wind".

1. P!nk - So What
Bligg: Ich finde P!nk cool. Aber dieses Lied ist mir zu kindlich. Es gibt bessere Sachen von ihr.