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Interview mit Amy Macdonald





Foto: Dominik Plüss

Amy Macdonald hat dieses Jahr einen phänomenalen Durchbruch in Kontinentaleuropa geschafft. Wir haben die 21jährige Schottin vor ihrem zweiten Auftritt an der AVO-Session zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Du hast gesagt, dass du es einfach liebst, Musik zu machen und dass du nicht unbedingt berühmt werden wolltest. Ich denke aber, ein solcher Erfolg innerhalb dieser kurzen Zeit hat sicherlich grossen Einfluss auf dein Leben genommen. Wie hat sich dein Leben in den letzten anderthalb Jahren verändert?
Amy: Ich konnte an Orte wie die Schweiz und Deutschland reisen wo ich viel Erfolg hatte. Ich konnte erleben, wie verschieden die Menschen dich behandeln. Da sind Menschen, die auf dich warten um Autogramme zu bekommen. Das ist natürlich super! Aber wenn ich nach Hause gehe, dann ist es nicht so. Obwohl ich Erfolg hatte, habe ich immer gesagt, dass ich nicht berühmt sein möchte oder ein Celebrity werden will. Die Leute lassen mich zuhause in Ruhe, ich kann dort ein völlig normales Leben führen, bin absolut anonym. Also habe ich das Beste von beiden Welten: Wenn ich hier bin, erlebe ich die schönen Seiten des Berühmtseins, gehe ich nach Hause, ist alles wieder normal.

hitparade.ch: Denkst du, dass du durch deine Musik und die Karriere schneller erwachsen geworden bist?
Amy: Nicht wirklich, denn ich denke, dass ich immer mich selbst geblieben bin. Ich war immer sehr aufmerksam und habe mich damit befasst, was um mich herum geschieht. Als Person habe ich mich aber wahrscheinlich schon verändert, bin einfach an Ort und Stelle geblieben. Ich habe viel erlebt, mehr als andere Menschen in meinem Alter, also muss man schneller lernen. Ich denke aber, dass ich damit gut umgehen kann.

hitparade.ch: Dein Debut-Album war in den Charts sehr erfolgreich. Was denkst du, fasziniert die Leute an deiner Musik?
Amy: Das weiss ich auch nicht. Ich denke jetzt an alle diese Songs, die ich vor sechs Jahren in meinem Schlafzimmer geschrieben habe und denke: "Meine Güte, warum wollen die Leute nur diese Songs hören?" Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann, aber das Gefühl ist toll. Ich fühle mich sehr geehrt, weil die Leute die Arbeit die ich mache, offenbar mögen und auch an die Konzerte kommen, so wie beim Konzert in Basel.

hitparade.ch: Dein Album klingt sehr persönlich, sehr autobiografisch. Aber was war deine Inspiration für den Song "Run"`? Worum geht es da?
Amy: Das ist ein lustiger Song. Dieser ist der Einzige, der nicht so persönlich ist. Bei einem Konzert der Killers wurde ich zu "Run" inspiriert. Ich bin ein riesiger Fan der Killers. Ich habe sie live gesehen in Glasgow und fand es grossartig. Der Song kam dann einfach raus und ich weiss nicht genau, woher. Ich kam von diesem Konzert nach Hause, habe meine Gitarre gepackt und habe angefangen, den Song zu schreiben. Das ist eine kleine Ode an die Killers.

hitparade.ch: Der Song "This is the Life" hatte riesigen Erfolg in ganz Europa. Denkst du, dass dieser Song der Beste auf deinem Album ist? Oder hast du ihn einfach zum richtigen Zeitpunkt herausgebracht?
Amy: Ich denke einfach, der Song ist sehr einprägsam. Ich hatte im Grunde genommen nicht wirklich Erfolg in Europa, Frankreich ist das beste Beispiel dafür. Das Album erschien dort vor einem Jahr und verkaufte sich überhaupt nicht. Als die Zeit von der Single "This Is The Life" kam, versuchten sie es wieder, sie waren felsenfest davon überzeugt, dass es funktionieren würde. Sie versuchten es also mit der Single, und nun ist dieser Song der Meistgespielte im französischen Radio. Das Album war auch, Gott weiss wie viele Wochen, in den Top 10. Es lief einfach super. Ich denke, das ist einfach einer der Songs, der dich verfolgt. Auch wenn du ihn nicht magst, läuft er dir immer nach. Es gibt sicher Millionen von Leuten die mich hassen, weil sie den Song hassen. Aber dann gehen sie nach Hause und singen ihn (lacht). Man bringt ihn einfach nicht mehr aus dem Kopf.

hitparade.ch: Wie nahe liegen eigentlich die Endergebnisse eines Songs an der Version, die du alleine schreibst? Inwiefern hast du Einfluss darauf, wie sich ein Song im Laufe der Produktion verändert?
Amy: Das ist lustig, denn alle meine Songs habe ich ursprünglich alleine mit meiner akustischen Gitarre geschrieben. Ich hatte zuvor noch nie etwas aufgenommen. Ich hatte meine Songs daher auch nie zuvor mit Schlagzeug und Bass und so gehört. Es war unglaublich aufregend für mich, mit einer Band zusammen spielen zu können. Sie arbeiteten mit mir, wir konnten gut zusammenarbeiten. Der Produzent, der gleichzeitig auch mein Manager ist, ist einer meiner engsten Freunde auf der Welt. Dies macht es auch einfacher, wenn wir ins Studio gehen und Diskussionen haben, was wie am besten klingen würde. Es ist einfacher, seine eigene Meinung zu überdenken. Wir haben beide zusammengearbeitet, daher hatte ich sehr viel Kontrolle über die Produktion. Zweieinhalb Jahre nach der Aufnahme hört man sich die Songs wieder an und denkt dann vielleicht: "Dieses oder Jenes hätte man doch anders machen müssen", aber so ist das Leben. So läuft das nun mal. Das nächste Mal haben wir dann wieder neue Ideen und werden wieder so zusammenarbeiten.

hitparade.ch: Im Internet steht in deiner Biografie, dass deine Schwester sich sehr für Promis interessiert. Kommt sie manchmal mit dir mit, um Promis kennenzulernen? Was denkt sie über deinen Erfolg?
Amy: In diesem Fall muss ich mich für meine Schwester stark machen. Das ist eine Internet-Biografie, wo die Wahrheit ein wenig verdreht worden ist. Meine Schwester ist nicht wirklich so. Sie ist nur noch ein Jahr davon entfernt, ihren Doktor zu machen und ist nicht im Geringsten an Promis interessiert. Ich erinnere mich an den Anfang von allem, da versuchen dich die Leute immer so interessant wie möglich dastehen zu lassen, aber das ist alles nicht wirklich so.

hitparade.ch: Kürzlich hast du in einer ausverkauften Musikhalle gespielt, obwohl du sicherlich problemlos ganze Stadien in ganz Europa füllen könntest. Magst du die intimere Atmosphäre lieber? Und wo spielst du am liebsten?
Amy: In Glasgow Barrowlands habe ich am liebsten gespielt. Da ist sogar ein Song auf meinem Album, der davon handelt. Es ist ein sehr spezieller Ort zum Spielen, ich mag ihn sehr. Auf der letzten Tour haben wir angefangen, an grösseren Orten zu spielen. In Amsterdam habe ich vor 5000 Menschen gespielt und das fühlte sich total schräg an. Am nächsten Tag waren es 1500 Menschen in Paris. Es ist gut wenn man verschiedene Dinge ausprobieren kann. Es gibt Künstler, die nie an einem Ort spielen würden, der kein Stadion ist, die fordern das. Aber für mich ist es toll, dass ich immer noch auf kleinen Bühnen spielen kann, obwohl auch genügend Leute kommen würden, wenn ich an grösseren Orten auftreten würde. Die Band und ich, wir lieben die Abwechslung. Wir spielen gern an grossen Orten, aber wenn wir in kleinen Clubs spielen, dann ist viel mehr Nähe zum Publikum da. In den grossen Stadien stehen wir meilenweit von den Fans entfernt. Es ist schön, beides erleben zu können.

hitparade.ch: Die Schweiz war eines der ersten Länder in Europa, in denen du Erfolg hattest und die Konzerte waren immer innerhalb weniger Minuten ausverkauft. Ist es für dich zu einem speziellen Ort geworden, um aufzutreten?
Amy: Ja, das ist es wirklich. Du schaust dir solche Plätze an, bei denen du alles gut gemacht hast, und schaust es als dein zweites Zuhause an. Wir freuen uns immer sehr hierher zu kommen, weil uns die Schweiz das Gefühl gibt, dass wir willkommen sind. Man kommt her und kann die Leute berühren, mit dem, was man tut. Es fühlt sich speziell an, an einen Ort zu kommen, an dem man Erfolg hat. Man fühlt eine kleine Verbundenheit mit dem Land, in meinem Fall die Schweiz und Holland, dies waren die ersten beiden Länder. Ich weiss noch, das Gefühl war unglaublich, als das alles angefangen hat.

hitparade.ch: Du spielst auch oft Coversongs an deinen Konzerten. Welche Künstler oder Bands inspirieren dich am meisten? Und hast du je daran gedacht, ein Cover-Album zu veröffentlichen?
Amy: Ich habe nie darüber nachgedacht, ein Cover-Album zu machen. Ich denke, da müsste man als Künstler schon etablierter und entwickelter sein. Du musst dich erst selbst beweisen. Ich muss erst mit meinen eigenen Sachen kommen und noch mehr Alben machen, bevor ich über so was nachdenken kann. Ich denke, das dauert noch einige Jahre. Es gibt so viele Künstler die ich liebe. Ich mag die Killers, Bruce Springsteen, The Beach Boys und Ähnliches. Ich liebe es natürlich, Coversongs zu machen und ich denke, dass auch die Leute es mögen, sie zu hören. Sie mögen es, Songs zu hören, die sie bereits kennen, aber mit neuen Elementen. Ich finde es eine tolle Art und Weise, ein Set etwas aufzupeppen.

hitparade.ch: Du bist soeben zurückgekommen von deiner Promo-Tour durch Amerika. Wie hat es dir gefallen? Wie wurde deine Musik aufgenommen?
Amy: Wir haben nicht so viel gemacht in Amerika. Ich habe einige Konzerte gegeben, mehr nicht. Wir planen im nächsten Jahr dorthin zu gehen und etwas mehr zu machen. Wenn du in die Schweiz kommst, dann reicht es, eine Woche Promo zu machen, genau wie auch in der UK. Wenn man aber in Amerika ist, das Millionen mal grösser ist als alles andere, musst du dort am Ball bleiben. Und dafür hatten wir bisher keine Zeit. Ich weiss aber, dass wir zurückgehen werden. Die Konzerte, die ich gespielt habe, liefen sehr gut. Die Zuhörer mochten es! Ich habe ein ausverkauftes Konzert geben können in einem Ballraum in New York. Ich war überwältigt von der Tatsache, dass 500 Personen in New York mich offenbar kennen. Ich hatte schliesslich nichts dort gemacht. Da waren so viele Leute, die das Konzert gemocht hatten, ich freue mich sehr, wieder dorthin zu gehen.

hitparade.ch: Hast du eine Meinung zu der Abkapselung Schottlands von England?
Amy: Ja, die habe ich! Ich finde Schottland ein tolles Land, das wahrscheinlich alleine überleben kann. Ich fand es toll, als Schottland sein eigenes Parlament bekommen hatte. Aber ich denke, es braucht noch mehr Macht. Ich denke, dass es sinnlos ist, weil Schottland zwar ein eigenes Parlament hat, aber noch immer von einem anderen Land beherrscht wird. Ich bin sehr stolz auf mein Land. Ich denke, 300 Jahre später braucht es wirklich nicht mehr unbedingt eine Union. Ich denke, dass alle gut miteinander leben können und es so toll wird. Schottland ist gut genug und tut auch viel Gutes für uns, so dass wir auch fähig sein sollten, für uns selber handeln zu können, ohne dass ein anderes Land bestimmt, was wir tun sollen.

hitparade.ch: Es scheint, als ob das Songschreiben für dich total einfach und natürlich ist. Hast du seit der Veröffentlichung deines ersten Albums bereits wieder an neuen Songs geschrieben für die nächste Platte?
Amy: Das Songschreiben ist auf keinen Fall natürlich und leicht für mich. Ich muss inspiriert werden von ganz normalen Dingen, wie zuhause zu sein und Zeit mit meinen Freunden und der Familie zu verbringen. Dies ist immer die Zeit, in der ich Songs schreibe. Momentan aber verbringe ich die meiste Zeit im Tourbus und sehe absolut nichts von der normalen Welt. Auch wenn ich glücklich bin: Hotels und Flughäfen inspirieren mich nicht sehr. Ich muss zuhause sein. Ich habe zwar schon einige Songs, aber ich weiss, bevor ich ein gutes zweites Album machen kann, muss ich mich wieder richtig zuhause eingewöhnen. Ich war in den vergangenen zwei Jahren kaum noch dort…