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Interview mit Max Herre



Max Herre, der Gründer von Freundeskreis, hat fünf Jahre nach seinem Solo-Debüt sein neues Album "Ein geschenkter Tag" veröffentlicht. Wir haben den Stuttgarter zum Interview getroffen

hitparade.ch: Wie sah dein erster Kontakt mit deutschem Hip-Hop aus - viele Vertreter dieser Musikrichtung gab es ja in deiner Jugend noch nicht…
Max Herre: Damals hat man unterschieden zwischen Sprechgesang und Hip Hop. Da gab es ziemliche Grabenkämpfe. Mein erster Kontakt mit dieser Musikrichtung waren die Fantas. Ich bin in Stuttgart grossgeworden und kann mich noch gut an eines ihrer ersten Konzerte im Jugendhaus Heslach, da landete ich irgendwie und wusste nicht wie mir geschieht, da waren die auf der Bühne. Ich hatte einen Freund der die erste Platte "Jetzt geht's ab" gehört und immer ein wenig vor sich hingerappt hatte. Da hatte ich schon was davon mitbekommen. Die erste Platte die ich dann gehabt habe war von "Advanced Chemistry" und hiess "Fremd im eigenen Land". Das war 1993 und ich war in Berlin. Die war da in einem kleinen Laden zu finden in der Bergstrasse, da hab ich die gekauft. Das war damals die Bibel des deutschen Hip Hop.

hitparade.ch: A-N-N-A war ein überwältigender Erfolg im Jahr 1997. Inwiefern habt ihr euch vor der Veröffentlichung bereits gedacht, dass euch mit diesem Stück der grosse Wurf gelungen sein könnte?
Max Herre: Nein. Ich dachte aber schon, dass es ein guter Song ist. Wir hatten damals ein kleines Label, da erschien die Single dann zusammen mit einem anderen Label. Das war überhaupt kein Hit und hat niemanden interessiert. Dann haben wir das Label gewechselt und sind zu Four Music gekommen, um unsere erste LP "Quadratur des Kreises" aufzunehmen und haben dann beschlossen, den Song noch mit drauf zu nehmen. Wir haben eine neue Version des Songs gemacht, und erst da wurde es ein Hit. Ich fand die erste Version auch schon schön, aber dort wurde noch nicht genug dafür getan, daher hat es auch noch nicht die nötige Durchschlagskraft gehabt. Wir haben immer wieder an diesem Song herumgebastelt. Bis vor zwei Jahren haben wir den Song nie in seiner ursprünglichen Version live gespielt, immer nur Remixes.

hitparade.ch: Dein Solo-Debut erreichte Platz 1 der deutschen Verkaufscharts. Wie war das Gefühl als du diese Nachricht erhalten hast?
Max Herre: Das war schon toll, seinen eigenen Namen da oben stehen zu sehen. Es war ja auch das erste Mal, dass ich mit meinem Geburtsnamen rausgegangen bin, das war schon beeindruckend. Das war 2004 im Herbst und es war damals einfach eine tolle Zeit für fourmusic. Gentlemen war ja eine Woche zuvor auch rausgekommen und direkt auf die eins gegangen, mit ihm hatte ich lange zusammengearbeitet für FK Allstars. Dann kam mein Album und zwei Wochen später noch die Fantas, die auf der zwei eingestiegen sind. Da herrschte grosses Tohuwabohu bei fourmusic, weil das eine solche Erfolgssträhne war.

hitparade.ch: Falco meinte einmal, die Nummer 1 in den Billboard-Charts sei mehr Fluch als Segen gewesen, da er wusste, diesen Erfolg nicht mehr toppenzu können. Wie siehst du das?
Max Herre: Falco kam aus einer anderen Zeit, da hiess die eins noch was anderes. Heute ist es zwar auch noch toll, die eins zu erleben, aber es geht mehr darum, wie lange man sich in den Charts halten kann. Nicht, wo man mit seinem Album einsteigt. Daran misst sich schliesslich der Erfolg der Platte. Mein Debutalbum war zwar auf der Nummer eins, aber es verkaufte sich nicht so gut wie die Platte "Esperanto" oder "Quadratur des Kreises" von Freundeskreis. In Deutschland bin ich jetzt bei der 10 eingestiegen. Ich find das toll und freue mich darüber und denke, dass es auch ganz gesund ist, mal von hinten anzufangen und zu sagen, das ist ein Album, das man erklären muss und es geht nicht darum, sofort mit dem grossen Boom zu kommen und dann passiert nichts mehr.

hitparade.ch: Mit deinem zweiten Album hast dir du verhältnismäßig lange Zeit gelassen. Ich nehme aber stark an, dass du in den vergangenen 5 Jahren nicht untätig warst...
Max Herre: 2004 kam das Album, dann hab ich getourt bis 2005. Dann habe ich angefangen das neue Album für Joy Denalane mitzuschreiben, das dauerte bis 2006, dann hab ich mich privatisiert um mich um meine Familie zu kümmern, denn Joy war dann mit ihren neuen Sachen unterwegs, dann hab ich nochmals eine Tournee mit Freundeskreis gespielt und den Sommer so verbracht. Dann hab ich 2008 angefangen, für mein Album zu arbeiten.

hitparade.ch: Nach dem Freundeskreis-Jubiläum 2007 habt ihr im September euer Abschiedskonzert gegeben. Wie oft bist du heute noch im Kontakt mit den anderen Bandmitgliedern?
Max Herre: Ööööhm, Phillipp vorgestern, Sékou letzte Woche und Friction etwas seltener, aber auch immer wieder.

hitparade.ch: Hast Du denn die Jungs nach ihrer Meinung zum neuen Album gefragt?
Max Herre: Mit Sékou habe ich für dieses Album zusammengearbeitet, wir schreiben immernoch viel zusammen. Auch für Joy Denalane haben wir zusammengearbeitet beim letzten Album. Wir stehen uns immernoch nahe, freundschaftlich und musikalisch. Auch die Meinung von Philipp ist mir sehr wichtig, mit ihm habe ich viel Kontakt, er war es auch, der mir das Studio empfohlen hat für die Aufnahmen. Auch hat er mir den Schlagzeuger ans Herz gelegt, Earl Harvin.

hitparade.ch: Was sind die Vor- und Nachteile, Solo unterwegs zu sein?
Max Herre: Weder Vor- noch Nachteil. Es ist nun einfach eine andere Zeit und eine andere Konstellation. Ich hab mich 2000 einfach entschieden, was anderes zu machen und mehr zu produzieren. Ich hatte Lust, neue musikalische Dinge auszuprobieren, die zum damaligen Zeitpunkt in dieser Konstellation nicht möglich gewesen wären, da jeder in seinem eigenen Projekt gesteckt hatte. Es ist einfach eine Entwicklung. Für mich war das nie eine Entscheidung gegen was oder für was anderes. Letztendlich ist auch Freundeskreis eine solche Entwicklung gewesen, wir kamen zusammen zu einem bestimmten Zeitpunkt, waren dann eine Weile beieinander, doch wir haben davor und auch danach Sachen gemacht. Dann sind einige Sachen unter diesem Namen bekannt geworden. Aber die Zeit bleibt nicht stehen. Wir machen alle noch enthusiastisch Musik, wenn auch nun in anderen Konstellationen.

hitparade.ch: Der Stil des Albums ähnelt nur noch bedingt jenem deiner Freundeskreis-Werke sowie deines Solodebuts, wenngleich es noch typisch nach Max Herre klingt. Mit welchem Ziel bzw. welchen Rahmenbedingungen bist du an die Aufnahmen herangegangen?
Max Herre: Das freut mich, dass Du das so siehst, das finde ich nämlich auch (lacht). Ich wollte vorallem gute Songs schreiben, das hat eine gewisse Zeit gebraucht. Vieles habe ich allein gemacht, aber vieles habe ich auch zusammen mit Frank Kuruc gemacht. Wir sassen bei mir zuhause, haben Gitarre gespielt und die Aufnahmen gemacht, später hab ich dann getextet, mit Sékou hab ich dann auch noch getextet und auch mit anderen Künstlern. Ich wollte meine Gefühle und Emotionen in Musik giessen und als es dann soweit war, habe ich mit Sawon Kawamura, meinem Co-Produzenten und Studiopartner eine Band zusammengestellt und haben das Album innerhalb weniger Tage live eingespielt. Mir gings wirklich darum schöne Songs zu schreiben, die eine Zeitlosigkeit haben und trotzdem eine Episode in meinem Leben wiederspiegeln.

hitparade.ch: Wie sind deine Fans umgegangen mit dem geänderten Stil?
Max Herre: Ich denke, dass sich jedes Album seine eigene Hörerschaft sucht. You loose some, you win some. Ich denke, dass sicherlich einige Fans was anderes erwartet haben. Ich denke aber, dass die Leute die mich kennen und die auch Freundeskreis schon gekannt haben, glücklich über dieses Album sein werden, da es ein Album ist, in dem viel Max Herre drin ist, auch wenn es ein anderes Genre ist. Leute, die mich vielleicht auch nur aufgrund meines bisherigen Genres wahrgenommen haben, könnten vielleicht enttäuscht sein. Ich denke, da hält sich die Waage. Ich meine, ich bin jetzt 36 und habe nicht das Bedürfnis, die nächsten 20 Jahre nur das Jugendformat zu bedienen, ich schreibe gerne Musik, die ich mir auch selbst anhören will und schreibe gerne über Themen, die mich bei anderen auch interessieren würden. Dass das die Einen mehr interessiert als die Anderen, das ist dann eben so.

hitparade.ch: Wenn du vor 12 Jahren, als du mit Freundeskreis begonnen hat, dieses Album gehört hättest, was hättest du dazu gesagt?
Max Herre: Es hätte mir ganz bestimmt gefallen, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich bin mit Udo Lindenberg aufgewachsen und bin mit Soul und Reggae gross geworden in der Zeit von Stevie Wonder und Billie Withers. Ich denke, dass ganz viel dieser Musik in diesem Album steckt.

hitparade.ch: In diesen zwölf Jahren hat sich auch sonst viel verändert, beispielsweise die Interaktion mit den Fans über Facebook, Twitter und Myspace. Bist Du da auch an der Quelle?
Max Herre: Ich bin da nicht so drin. Twittern tue ich gar nicht. Es gibt eine Facebook-Seite, um die kümmert sich meine liebe Firma Nesola. Auch bei Myspace sind wir dabei und gleichen die Seite jeweils mit meiner Homepage an. Ich bin ein sehr konventioneller Typ, was meine Kommunikationswege angeht. Ich benutze E-Mails und SMS, ich chatte sogar ab und zu. Aber nicht auf diesen einsehbaren Plattformen.

hitparade.ch: Der Albumtitel "Ein geschenkter Tag" lässt einige Interpretationsmöglichkeiten offen. Welche ist die richtige?
Max Herre: Ich denke, dass dies die grosse Kunst der Musik ist, dass man eine grosse Projektionsfläche bietet für die Geschichten der Hörer und Zuschauer.

hitparade.ch: In den Lyrics verarbeitest du die verschiedensten Themenkreise. Welcher liegt dir dabei besonders am Herzen?
Max Herre: Es gibt vieles, das mir am Herzen liegt. Ich habe mir auch sehr viel vom Herzen geschrieben bei der neuen Platte. Ich denke, dass ich ein Mensch bin wie die meisten anderen auch, mit einem breiten Spektrum an Emotionen und Interessen, die ich da abzubilden versuche. Ich denke, dass das nicht nur eine Emotion ist, die hervorsticht, sondern dass es einen roten Faden gibt, und dass es eine sehr hoffnungsvolle, dem Leben zugewandte Platte ist, die durchaus aus dem Dunklen kommen kann, aber hin zum Licht strebt.

hitparade.ch: Musik zum Träumen, Weltverbessern oder Unterhalten - was trifft am ehestens auf "Ein geschenkter Tag" zu?
Max Herre: Ich denke, dass das Träumen alle drei Kategorien beinhaltet. Es gibt keine bessere Welt, wenn da nicht ein Traum vorne dran steht und auch das Unterhalten hat insofern damit zu tun, dass man sich einen Platz für die eigenen Gedanken lässt. Also denke ich, dass aus dem Träumen heraus alles andere entstehen kann. Sich zu unterhalten, oder auch, dass man sich was anderes vorstellen kann, als die Welt, in der wir leben.

hitparade.ch: Du stehst ja nicht nur auf der Bühne: Du bist zusätzlich noch Produzent und arbeitest bei deinem Plattenlabel Nesola bei Four Music. Was macht dir am meisten Spass?
Max Herre: Am liebsten bin ich Musiker. Das ist der Grund, warum ich überhaupt in dieser Branche bin. All die anderen Dinge sind Sachen, die damit einhergehen. So zu arbeiten ist ein grosses Privileg, das ich auch schützen will. Ich finde es wichtig, dass man als Künstler über seinen eigenen Werdegang entscheidet und sich nicht vereinnahmen lässt für Ideen, die man selbst vielleicht gar nicht leben will.

hitparade.ch: Du hast ja einige Live-Auftritte, unter anderem auch in Zürich am 4. Dezember. Was kann das Publikum erwarten?
Max Herre: Ich denke schon, dass das Live-Spielen eine Domäne von mir ist. Ich komme mit der Band, die auch auf der Platte gespielt hat, das ist eine hochkarätige Band. Wir werden natürlich vorwiegend Sachen spielen, die auf dem neuen Album drauf sind, wir werden aber sicherlich einige alte Sachen aus dem Hut zaubern. Das "Moods" ist ein sehr schöner Club, der ist sehr geeignet für diese Art von Musik, da herrscht eine sehr intime Atmosphäre. Ich glaube, dass das ein toller Abend werden wird. Und nicht nur der, denn wir sind auch am 5. Dezember da. Und wenn die Menschen in Zürich das möchten, dann auch noch am 6ten (lacht).

hitparade.ch: Wenn Du auch alte Sachen spielst - kommen die dann in der alten Form oder in neuem Gewand daher?
Max Herre: Ich denke, wenn man sich die alten Sachen, wie beispielsweise A.N.N.A. genau anhört, dann wird man merken, dass sie von der Instrumentalisierung her gar nicht so weit vom neuen Stil entfernt sind. A.N.N.A. ist mit Kontrabass und Western-Gitarre eingespielt sowie einem Rhodes. Das sind auch die Sachen, die ich jetzt auf der Bühne habe. Wir werden es mit der neuen Band so spielen, denn letztendlich ist es eine Welt.

hitparade.ch: Was sind deine Wünsche fürs 2010?
Max Herre: Sind wir schon so weit, dass wir uns was wünschen dürfen? (lacht). Ich wünsche mir Gesundheit für meine Familie und für mich, ich wünsche mir eine tolle Tournee und dass das Album verstanden und gemocht wird, und dass ich noch viele machen darf. Und ich wünsche allen Menschen Glück, Liebe und Zuversicht.

hitparade.ch: Kommen wir zur Top 10 der Schweizer Hitparade. Was kennst du davon?

10. Pitbull - I Know You Want Me (Calle ocho)
Max Herre: Pitbull find ich spitze (lacht). Ich kenne nicht so viel von ihm, daher kann ich nicht viel dazu sagen. Ist der nicht aus Miami? Wir wissens nicht. Egal, kenn ich nicht.

9. Nelly Furtado - Manos al aire
Max Herre: Die find ich süss.

7. Lady Gaga - Paparazzi
Max Herre: Find ich als Phänomen fast cooler als ihre Musik

6. Marit Larsen - If A Song Could Get Me You
Max Herre: Ich kenn sie nicht. Aber das würd ich mir gern mal anhören

5. Madonna - Celebration
Max Herre: Wundert mich, dass sie in der Schweiz nur auf 5 gegangen ist, in Deutschland war sie auf Platz 1. Kann man sich anhören. Like A Virgin und so sind Klassiker. Aber mein Lieblingssong von Madonna ist "La Isla Bonita". Ich war zehn und wir haben uns Holzgitarren gebaut und im Urlaub in Südfrankreich dazu gespielt. Der Madonna geht's schon immer einfach gut.

4. David Guetta feat. Kelly Rowland - When Loves Takes Over
Max Herre: Ich find Kelly Rowland auf jeden Fall süss. Und ich gönne ihr das, dass sie so erfolgreich ist. Sie ist ein süsser Mensch und sie macht das gut. Ihn kenne ich nicht, die Nummer ist aber auf jeden Fall ein Clubhit.

3. Gossip - Heavy Cross
Max Herre: Das ist ja grade bekannt, dass das ne hammer Band ist. Und es ist von Rick Rubin produziert, er ist der grosse Mann der amerikanischen Rap- und Rockmusik. Er hat die Beastie Boys grossgemacht, auch Red Hot Chili Peppers, echt toll! Auch 99 Problems von Jay-Z ist von ihm, ist doch grossartig.

2. David Guetta feat. Akon - Sexy Bitch
Max Herre: Titel klingt schonmal gut (lacht). Naja, muss man hören, kenn ich nicht

1. The Black Eyed Peas - I Gotta Feeling
Max Herre: Ich find Will.I.Am ist ein begnadeter Producer, ich bin aber kein Black Eyed Peas Fan.