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Interview mit den Fantastischen Vier



Die Fantastischen Vier. Männlich. 21 Jahre alt. 8 reguläre Alben. 4 Live-Alben. Eine Best-Of. Hunderte von Konzerten. Millionen verkaufter Tonträger. Bekennen sich schuldig - für alles! "Für Dich Immer Noch Fanta Sie" ist ein regelloses Machwerk von vier Freigeistern die sich - falls sie es je getan haben - längst nicht mehr damit beschäftigen, ihren Erfolg zu verwalten. Wir haben Smudo und And.Ypsilon zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Ihr seid alle über 40, doch die heutige Jugend bezeichnet euch noch immer als cool. Ihr seid ja teilweise auch Eltern. Wie nehmt ihr das auf?
Smudo: Ich finde Coolness hat mit dem Alter nicht viel zu tun. Es gibt Leute, die sind 85 und ausgesprochen cool. Ich finde, Coolness nimmt im Alter sogar zu! Dass Kinder ihre Eltern uncool finden hat mit dem Alter ebenfalls nicht viel zu tun, sondern nur mit der Position im Biotop der Familie. Du bist noch sehr jung - momentan bist Du in der Situation, dass Du gerne von zuhause weg und was Eigenes haben möchtest, aber irgendwann kommt der Moment wo Du merkst, dass der Apfel eigentlich gar nicht so weit vom Stamm fällt und da kannst Du Dich auf den Kopf stellen: Es ist so! Dann wirst Du das anders sehen. Ich bin aber selbst erstaunt, denn ich hätte mit 20 niemals gedacht, dass ich mit 42 nochmals so eine geile Platte machen würde. Mir gefällt sie viel besser als die Sachen von früher.

hitparade.ch: Womit wir gleich beim Thema wären: Nun erscheint euer neues Album. Seid ihr nach so vielen Alben noch immer nervös wenn ein Release ansteht? Oder ist das für euch zur Routine geworden?
And.Ypsilon: Der Release ist nicht mehr so spannend wie früher, aber die Anspannung beim Fertigstellen der Platte ist noch immer sehr stark. Wenn man nach zwei Jahren Arbeit das Ganze zu einem "Ding" zusammenfügt und dann sieht, was man da eigentlich hat - das zeichnet sich erst im Laufe der Produktion richtig ab. Und ich denke ich kann für uns alle sprechen wenn ich sage, dass wir sehr zufrieden sind mit dem Album. Und deswegen sehen wir dem Release eigentlich gelassen entgegen.

hitparade.ch: Ihr habt schon so viele Alben herausgebracht, ihr seid im Musikbusiness fest verankert, man kennt euch gut. Ist da trotzdem noch ein Leistungsdruck vorhanden?
Smudo: Erfolgsdruck weniger, aber der eigene Anspruchs-Druck schon. Es muss ja schliesslich uns gefallen. Es ist nicht unser erstes Album, wir sind natürlich durch diese Zeit hindurch immer wählerischer geworden und viele Dinge haben wir schon gemacht. Wir haben hohe Ansprüche an uns selbst. Da haben wir hohe Ansprüche an uns selbst, wir müssen das Album mögen. Wir gehen damit raus, das Album sind wir. Wenn uns das nicht gefallen würde, könnten wir es nicht rausbringen. Das ist harte Arbeit und jedes Mal sehr anstrengend.

hitparade.ch: Also denkt ihr nicht darüber nach, was denn der Masse gefallen würde, sondern schaut in erster Linie, was euch selber gefällt?
Smudo: Ich glaube wir sind so selbstbewusst, dass wir sagen können: Wenn es uns gefällt, dann wird es auch einigen Menschen da draussen gefallen. Wir haben nie ein Lied gemacht, hinter dem wir nicht stehen können, nur weil es um die Verkäufe ging.

hitparade.ch: Wem empfiehlt Ihr eure Scheibe? Wieviel "Fanta Sie" kann man erwarten?
Smudo: Jeder, der will! Ich habe keine Vorstellung von meinem Lieblings-Publikum.

hitparade.ch: Wie läuft das ab mit der Albumproduktion nach 20 Jahren - spielt ihr Alben nun schneller und routinierter ein, oder ist das immer noch das Selbe?
And.Ypsilon: Also "schneller" geht es auf keinen Fall. Früher hatten wir einen jährlichen Rhythmus, das könnten wir heute gar nicht mehr. All die Touren, die wir machen und der wählerischen Kreativphase brauchen wir zwei Jahre, bis ein Album so ist, wie wir es wollen. Zusammen mit der Tour entsteht da ein Drei-Jahres-Rhythmus. Den haben wir seit Längerem. Ich denke, den können wir auch noch länger halten.

hitparade.ch: Woher holt ihr euch denn Jedesmal wieder die Inspiration? Man muss ja immer wieder neue Ideen haben…
Smudo: Das ist schwierig zu beantworten. Das kann man so irgendwie gar nicht genau sagen, denn das ist ja unser Kern-Können. In der Kreativ-Theorie sagt man, es gibt einen Brunnen den man füllt mit Assoziationen und Erfahrungen und wenn man dann Ideen sucht, verknüpft man neue Erfahrungen wieder mit den Assoziationen. Daher ist ein hoher Erfahrungsschatz sicher etwas, das der Kreativität nützt. Ich denke deshalb liegt auch der Drogenkonsum bei vielen Künstlern so nah am Arbeitsbereich. Ich kann wirklich nicht genau sagen, woher die Inspiration kommt. Wir sind eigentlich alle sehr assoziative Typen. Gerade während der Albumphase kann eigentlich Keiner einen Satz rausbringen, ohne dass den Anderen dazu Assoziationen einfallen. Da merkt man, wie wir arbeiten. Nun geniesse ich es gerade sehr, davon wieder runterzukommen, denn die letzten zwei Jahre waren wir nur so drauf.

hitparade.ch: Bei euch sind die Texte enorm wichtig. Kommt die Musik da manchmal zu kurz?
Smudo: Die Musik ist der Träger des Ganzen. Du kannst Dir jetzt überlegen, ob Du Deinen Spruch mit Bleistift - auch wenn das schön ist - auf einen Bierdeckel schreibst, oder ob Du ihn mit Gold in den Hauptbahnhof meisselst (lacht). Es sind verschiedene Materialen und daher kommt auch die Aussage dann anders rüber. Musik ist sehr wichtig, es muss grooven. Manche Sachen funktionieren am besten mit einem Rhythmus. Da findet sich auch eine Tiefe und Unterhaltung drin, wie etwas in den Rhythmus hineingesagt wird. Bei dem Stück "Smudo in Zukunft", das sind 140 ppm. Darauf einen Rap zu schreiben ist was Anderes, als wenn ich ihn "einfach so" schreiben würde. Genauso bei "Mantra", das ist glaube ich das langsamste Stück auf dem Album, das war auch eine Herausforderung für Thomas da etwas zu schreiben, das funktioniert und kickt. Rapmusik ist das Zusammenspiel von Worten und Musik, daher haben beide Sachen den gleich hohen Stellenwert.

hitparade.ch: Bei eurer Jubiläums-live-CD "Heimspiel" fielen mir verschiedene Einflüsse auf, beispielsweise bei "Was geht?" hört man Beyoncé-Klänge. Lasst ihr euch denn oft von aktueller Musik beeinflussen?
Smudo: Also die Idee, beim Heimspiel für "Was geht?" Beyoncé zu nehmen war eigentlich schon eine viel ältere Idee, wir haben das schon früher bei dem Stück live oft eingespielt. Wir haben mal so einen Anfall gehabt auf einer Tour, wo wir die Idee hatten, live aktuelle Musik mit einzubauen, so als Gag. Das ist mittlerweile aber auch nicht mehr modern. Ich glaube zur Perfektion getrieben hat es Fettes Brot, das kann man auf der aktuellen Live-CD bewundern. Jan Delay hat es auch gemacht mit "Word Up" und "Türlich Türlich".

hitparade.ch: Schauen wir mal zurück auf eure Karriere. Habt ihr ein persönliches Highlight in diesen 20 Jahren erlebt?
And.Ypsilon: Also ein grosses Highlight war letztes Jahr unser Jubiläums-Konzert zum 20-jährigen Band-Jubiläum. Da haben wir sehr viel dafür gearbeitet und viel Aufwand betrieben. Mit einem 80-köpfigen Orchester standen wir auf der Bühne, das war eine musikalische Herausforderung. Es war sehr schwierig, für nur 1 Konzert diese Qualität zu erreichen - sicher zu sein, was wir tun und dass die Show letztendlich gelingt. Ich darf behaupten, es ist gelungen! Das kann man überprüfen auf den DVDs und CDs die es davon gibt. Das ist ein grosses Highlight gewesen!

hitparade.ch: Habt ihr einen Lieblingssong? Einen, den ihr besonders gerne live spielt? Und gibt es einen Song, den ihr gar nicht mehr mögt?
Smudo: Das mit den Lieblingssongs verändert sich immer wieder. Wir haben gerade ein Album fertiggemacht und das heisst, dass sich ein Grossteil unserer Lieblingssongs dort findet momentan. Mein aktueller Lieblingssong ist tatsächlich "Smudo in Zukunft". Selten habe ich sowas schnelles, 140 ppm-artiges, in so kurzer Zeit geschrieben, das mir so gut gefällt!
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Da gibt es diese Stelle: "A ist für leck mich doch, B ist für dunkelblau, C ist wie Leder, D ist für Du mich auch, move auf den Kiez und lass den Juice weg, und nimm die "blue suede shoes" und dance den Blues weg". Das ist total abgefahren, also, A ist für leck mich doch. Wieso? Am A… natürlich (lacht). B ist für dunkelblau… wieso dunkelblau? Dazu später! C ist für Leder… hm, Leder kann zäh sein, und D ist für Du mich auch, da stimmts dann wieder. Dann der Kiez, die Reeperbahn, der Kiez ist auch bekannt als Ausgehmeile. "Move auf den Kiez und lass den Juice weg" bedeutet also: trinke alles mit Vodka, lass den Saft weg. Und nimm die "blue suede shoes" - das ist ein Song von Elvis Presley, für das junge Gemüse muss man das extra sagen (lacht) - da singt er von Wildlederschuhen. Daher B für dunkelblau! Dance den Blues weg - also zu gut Deutsch: Sei nicht mehr traurig. Fantastisch! Literaturpreis! (lacht).
Zum Problemlied: "Die Da" ist sicher so ein Song. Das liegt nicht nur daran, dass wir es damals so oft gehört haben, bis wir nicht mehr konnten, weil es einfach unser "Supra-Hit" wurde, sondern auch, weil es musikalisch nicht unser stärkster Wurf ist. Vielleicht auch, weil es in unserer Geschichte der grösste Kompromiss zwischen Pop und Punk war. Im Rahmen unseres 20-jährigen Jubiläums hatten wir dann auch die Diskussion, wie wir diesen Song am besten spielen sollten. Wir haben alle möglichen Varianten schon versucht, Reggae oder Blues… für's Heimspiel haben wir es dann schlussendlich beim Original belassen, wobei ich fand, es hatte doch arg etwas "Stefan Raabiges". Jedenfalls nicht etwas, das man regelmässig an Konzerten spielen möchte. Aber es ist nice to have. Es ist ein bisschen wie der ungeliebte Cousin, der immer mit muss auf's Festchen.

hitparade.ch: Wenn man euch auf der Bühne sieht, hat man das Gefühl, ihr wärt immernoch 20. Ihr seid fit wie Turnschuhe. Wie macht ihr das?
Smudo: Das ist auch etwas, das man den jungen Leuten sagen muss: Diese Energie ist da, sie ist nicht weg. Ich hab mal ein Konzert gesehen von Rufus Thomas, das ist ein Soul-Sänger aus den 40er Jahren. Den habe ich mal interviewt, da war ich etwa Mitte 20 und er war bereits 86. Der hatte eine mördergeile Show geliefert. Auch wenn sie nicht 2 Stunden dauerte, war sie einfach toll. Man hat gespürt, dass dieser Typ das Feuer immer schon hatte.

hitparade.ch: Ich habe gelesen, dass ihr mal gesagt habt, ihr wollt nicht als Hip Hopper verstanden werden, sondern als Popmusiker. Ist das so? Immernoch?
Smudo: Wir sind als Hip Hop Fans zur Musik gekommen und sind Hip Hop Musiker. Aber wir haben schon früh die Lust daran entdeckt, die Genre-Grenzen zu durchbrechen. Angefeuert von Hip Hop - Puristen, die eher mit dem Katechismus gewunken und gesagt haben, das muss so oder so sein! Unser Kunstverständnis sagte aber "nein, nein, wir wollen die Regeln durchbrechen". Rapmusik ist der grösste Punk. Da wurde eben nicht mit dem Klavier gespielt, da wurden Schallplatten genommen und nicht abgespielt, sondern zerkratzt. Und es wurde nicht gesungen: "Ach, wie schön die Vögelein singen zu hören", sondern es kamen Worte auf wie "fuck" und "shit". Es ging um Party, Sex und um Missstände. Das war die Punk-Attitude. Wenn sowas eine Weile existiert, dann ist das wie ein Reglement. Und das muss man auch durchbrechen. Unsere Aufgabe ist es, auch uns selbst immer wieder neu zu brechen. Das ist für mich immer noch Hip Hop, wenn man so will. Aber rein musikalisch, sind wir viel breiter. Wir kommen aus dem Hip Hop und sind deutschsprachige Popmusiker.

hitparade.ch: Ihr habt auf dem Album ein Feature (Marc Marshall)…
Smudo: Ja, das ist der Sohn von Toni Marshall. Das ist Zufall. Das hat musikalische Gründe. Wir laufen nicht durch die Gegend und rufen "wir brauchen ein Feature". Features haben für mich immer stark den Marketing-Druck. Dann sagt Jemand, "hey, wir müssen den mit einbinden, damit der auch Platten verkauft". Es gibt einen betriebswirtschaftlichen Grund, ein Feature zu machen. Oder vielleicht: "ich habe keine Ideen mehr, also nehme ich noch vier Kumpel-Rapper mit dazu".
hitparade.ch: Gibt es denn Keinen, den ihr so toll findet, dass ihr mit dem mal zusammenarbeiten möchtet? Das war bei Jan Delay und Udo Lindenberg auch so.
Smudo: Die sind auch eher zufällig zueinander gekommen. Jan Delay hatte den Mut gehabt zu sagen, dass er die Demos nicht so toll findet. Und da hatte Udo gesagt: Mach doch Du das (lacht). Keiner von den Beiden hat gesagt, dass er sich diese Zusammenarbeit schon lange gewünscht habe, die sind sich einfach begegnet. Bei uns hatte es musikalische Gründe. Wir sind Marc Marshall mal zufälligerweise begegnet, da hatte er erwähnt, dass er Opernsänger sei und uns seine Karte gegeben. Wochen später sassen wir an unserem Lied "Danke sagen" und redeten darüber, was man da noch machen kann. Der Schluss ist sehr opulent geworden und wir sagten: Ein Opernsänger wäre cool. Und zack, da erinnerten wir uns an Marc Marshall, der halt zufälligerweise der Sohn von Toni Marshall ist. Beim letzten Album haben wir mit Herbert Grönemeyer zusammengearbeitet. Dies entstand, weil ich den Refrain zu "Einfach sein" spasseshalber mal so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, auf Band aufgenommen hatte. Das klang sehr nach Herbert Grönemeyer, also sagten wir uns: rufen wir ihn an, das ist doch witzig. Das wäre dann schon wieder ein Gag. Das ist wie teurer Schmuck, dem man es aber nicht ansieht. Die Fantas haben Herbert, aber sie reden nicht darüber (lacht). Das war schon cool. Das wäre vielleicht sogar ein Marketing-Grund.
hitparade.ch: Aber es gibt Keinen, mit dem ihr unbedingt zusammenarbeiten wollt…
Smudo: Nein. Ausser vielleicht James Brown. Aber zusammenarbeiten will ich mit dem eigentlich auch nicht, denn zum Einen ist er tot und zum Anderen hab ich Angst, dass ich den gar nicht mehr mögen würde, denn ich glaube der war privat ein Arschloch (lacht).
And.Ypsilon: Don't kill your idoles, das ist ganz wichtig. Wenn man die Idole, die man hat, persönlich trifft, kann es sein, dass sie an der Überhöhung, die man ihnen hat Zuteil werden lassen, verlieren. Das müssen sie sogar, denn sie sind auch normale Menschen, normale Künstler, die kochen auch nur mit Wasser. Es ist meistens eine Enttäuschung, wenn man sowas macht. Nach unserem allerersten Album "Jetzt geht's ab", da hat mich - MICH - Florian Schneider von Kraftwerk angerufen. Kraftwerk war damals - und ist auch noch heute - meine Götterband. Ich bin fast hinten übergekippt. Der wollte mich dann treffen, und das haben wir auch getan: Im Jugendhaus Düsseldorf (lacht). Er sagte zu mir: "Hey, es ist ganz cool was ihr da macht, aber das sollte man anders machen. Ich könnte das produzieren". Und ich habe dann gesagt: "Du spinnst ja wohl, ich produziere das". Und das war's (lacht).
Smudo: Da gab es noch Kurtis Blow, der war einer unserer Helden als wir noch Teenager waren, ein Rapper aus den USA. Letztes Jahr war er auf dem "Baltic Soul Weekender" Soul-Festival in Norddeutschland. Dort hatte ich als DJ aufgelegt. Ich war schon am Nachmittag da und es hiess: Kurtis Blow ist DIE Oldschool-Rap-Legende aus den USA und Du bist die Oldschool-Rap-Legende in Deutschland, ihr MÜSST was zusammen machen. Und ich dachte nur: Ooh, kein Bock. Ich hab Kurtis Blow vor einigen Jahren mal bei einer TV-Sendung getroffen, ich weiss ein bisschen was über ihn, und er hat so eine Kirche mit Rap - sehr seltsam. Und dann dachte ich, dann muss man proben und so, naja. Aber dann habe ich vom Song "These Are The Breaks" eine deutsche Strophe gekickt. Der Song erzählt von Sachen, die schief gehen können. Beispielsweise, Du willst auf den Flieger doch hast kein Ticket, oder Deine Frau brennt durch mit Deinem besten Freund. Dann habe ich immer so gesungen: "That's the break, that's the break, Fanta Vier bei Elmar Gunsch, that's the break, that's the break, bück Dich Fee, Wunsch is Wunsch". (lacht). Es kam sehr gut an und war witzig, aber das war's auch schon! Das war knapp an der Grenze, damit ich mir Kurtis Blow nicht selbst kaputtmache. Und es war ein betriebswirtschaftlicher Grund. Der Verantstalter denkt sich, wenn die was zusammen machen, dann heisst es nachher, wie toll das war. Es war nicht künstlerisch. Weder Kurtis noch ich wollten das.

hitparade.ch: Wenn wir schon bei den Idolen sind: Ihr seid sicher Idole für viele deutsche Hip Hopper. Was haltet ihr von den "neuen" Rappern wie Sido und Bushido und wie sie alle heissen?
Smudo: Die Welt der Musik, auch die des Hip Hops, ist sehr gross. Und wir verstehen uns nicht als Diejenigen, die der jetzigen Generation den Hip Hop beigebracht hat oder so. Wir schauen nicht auf sie als seien sie unsere Schäfchen und wir sagen: Also, was die da machen, unsere Söhne und Töchter, das find ich nicht gut. Das ist ein ganz eigenständiges, kreatives Feld. Einige Sachen gefallen mir sehr gut, auch aus der agressiven Ecke, andere weniger. Manche Leute haben einen ganz anderen Anspruch, wir haben einen künstlerischen Anspruch. In vielen Teilen des aktuellen Aggro-Raps gibt es aber auch den Präsentations-Anspruch. Eine unterprivilegierte Bevölkerungsgruppe verschafft sich ein Podest um auf seine Missstände aufmerksam zu machen - das ist ein ganz anderer Approach an diese Musik, als wir das haben. Daher schwer zu beurteilen. Grundsätzlich muss man sagen, dass all die Bands um Bushido und Sido und so weiter, dieses Genre auf jeden Fall weitergebracht haben. Vor Sido dachte ich, das hat sich jetzt erledigt. Nun wurde aber ein neues Feld aufgemacht und hat uns so wunderbare Bands wie KIZ beschert.

hitparade.ch: Ich habe gelesen, es soll eine iPhone-App auf den Markt kommen, die heisst Fanta 4 Flipper?
Smudo: Yeeeeeah, nett dass Du davon sprichst. Wir wollten einen Flipper machen, einen Band-Flipper. Es gab schon mal einen, in Echt, von der Band Kiss. Es ist eine grosse Ehre, dass wir das nun machen können. Als grosser Zocker- und Flipper-Fan habe ich natürlich psychologisch wie auch inhaltlich an dem Flipper mitgewirkt. Oberste Priorität hatte: Es sollte wie ein echter Flipper sein. Also eine Simulation! Nicht wie in einem Videospiel, wo dann auf einmal bunte Bildchen und so erscheinen. Man hört mich da auch sprechen. Ich erkläre die Anleitung, während man im Hintergrund die Geräusche einer Spielhalle hört.
Smudo packt sein iPhone aus und startet die Applikation. Man hört seine Stimme und er fängt auch sofort begeistert an zu spielen…
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Mega wichtig, Du musst die Mission Ypsilon erreichen, das ist der Multi-Ball. Ich find's echt geil. Das ist noch ein Prototyp, es ist noch nicht ganz fertig. Jetzt kommt noch das Finetuning. Es soll noch eine HighScore-Liste kommen die dann auf einem Server ist, dass man sich weltweit mit anderen Spielern vergleichen kann. Was das wirklich Tolle daran ist: Es gibt dann Wettbewerbe, die ausgerufen werden. Der Flipper geht online und holt sich Veranstaltungsdaten. Und dann heisst es: So, die nächsten zwei Wochen gibt's einen grossen Flipper-Contest, gerade zum Release werden wir einen haben, und die ersten drei Plätze gewinnen dann beispielsweise exklusive Tickets für unser Clubkonzert "Für Dich immer nach Dortmund". Dort machen wir drei Tage lang in Dortmund eine Tournee (lacht). Und das ist das Tolle an dem Flipper! Es soll mehr sein als nur ein Spiel, es soll uns auch verbinden.

hitparade.ch: Zu eurer ersten Single "Gebt uns ruhig die Schuld": Nehmt ihr privat die Schuld auch immer auf euch?
And.Ypsilon: Ich denke, dass wir so mutig sind, alle Schuld auf uns zu nehmen, hat damit zu tun, dass das Konzept von Schuld relativ sinnlos ist. Wenn man das mal durchschaut hat, dann kann man's ruhig auf sich nehmen, denn es bedeutet nichts. Es ist reine Energieverschwendung, Jemandem die Schuld zu geben, weil man sich selber nicht aus der Verantwortung für unser gemeinsames Dasein rausnehmen kann. Insofern lässt sich das gut erklären mit unserer Textzeile "Du stehst nicht im, Du bist der Stau". Du selber bildest, gemeinsam mit allen Anderen, diesen Stau, und kannst daher unmöglich den Andren die Schuld dafür geben.
Smudo: Allgemein ist Schuld ja so küchenpsychologiemässig en Reflex für die Dinge, die einen umgeben. Jedes Individuum, das von sich aus in die Welt guckt, bezieht ja automatisch alle Dinge, die es erlebt auf sich. Man sieht sich selbst in der Verantwortung. Bei Kindern zum Beispiel: Mama ist schlecht drauf, also bin ich schuld. Schuld ist ein grosser Begriff.
And.Ypsilon: Schuld ist ein grosses Problem, weil es ein Reflex aus der Kindheit ist. Von Kindern kennt man das, dass sie alles auf sich beziehen. Wenn die Eltern sich streiten, fühlen sie sich schuldig dafür. Das ist ein grosses Problem, das nicht sehr leicht zu durchschauen ist. Die ganze Gesellschaft tickt so. Darum bieten wir eine kleine Hoffnungsinsel, um sich mit dem Thema Schuld in scherzhafter Weise auseinanderzusetzen.

hitparade.ch: Wann kommt das Alterswerk mit Rick Rubin?
Smudo: Ich glaube der ist gestorben, bis wir in der Situation sind. Sorry, ist ein bisschen makaber. Guru ist ja kürzlich gestorben - eine grosse Rap-Oldschool-Legende. Aber wir arbeiten ja schon länger mit externen Produzenten zusammen und wir haben schon eine ziemliche Freshness, was die Auswahl unserer Musik angeht, von daher sehe ich keinen Bedarf, bei einem Produzenten alleiniger Gast zu sein. Gerade das Zusammenspiel von uns vier verschiedenen Köpfen ist sehr wichtig. Zudem ist Rick Rubin Amerikaner. Wie soll ich ihm denn erklären, was "A ist für leck mich doch, B ist für dunkelblau, C ist für Leder, D ist für Du mich auch" bedeutet? (lacht).

hitparade.ch: Ihr spielt ja bald im Hallenstadion Zürich und am Open Air Frauenfeld. Wie ist euer Bezug zur Schweiz?
Smudo: In Frauenfeld haben wir schon zwei Mal gespielt. Es ist immer sehr schön, in der Schweiz an Festivals zu spielen, weil die eigentlich ausnahmslos immer an tollen Locations sind. Für mich als Flachlandnorddeutschen gibt das einen tollen Urlaubs-Flavor. Ganz besonders freue ich mich aber auf den Kick-Off, denn die Tour startet ja im Novemer im Hallenstadion Zürich, wo wir letztes Jahr mit Fornika einen fulminanten Abend hatten in einer vollkommen ausverkauften Halle. Man sagt immer, der Schweizer sei zurückhaltend, dem muss ich aber deutlichst widersprechen. Jedenfalls nicht die Leute, die ins Hallenstadion kommen.