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Interview mit Patent Ochsner



Wenn zwei Welten aufeinander prallen - Patent Ochsner auf dem Berner Bundesplatz
Die Berner Kultband Patent Ochsner hat am 28. August dieses Jahres gemeinsam mit dem Berner Symphonieorchester ein abendfüllendes Konzert gespielt. Eine wunderbare Auswahl an beliebten Ochsner-Songs wurde umarrangiert und gratis vor tausenden begeisterten Fans präsentiert. Dank grosser Nachfrage und vielen positiven Rückmeldungen wurde das gefühlvolle Konzert in eine CD inkl. DVD verpackt, die seit vergangenem Freitag in den Läden steht. Der symphatische Frontmann Büne Huber hat uns am Telefon alles über das Konzert und die Zukunftspläne von Patent Ochsner erzählt.


hitparade.ch: Es ist schon einige Zeit vergangen seit der letzten Patent Ochsner Platte. Nun ist die Live-CD vom Berner Bundesplatz erschienen. Wie bist Du auf die Idee gekommen, gemeinsam mit dem Berner Symphonieorchester Deine Songs live zu spielen?
Büne Huber: Diese Idee ist vor zwei Jahren an uns herangetragen worden von der Berner Mobiliarversicherung "Die Mobiliar". Die haben vor längerer Zeit diesen grünen Granitstein auf dem Berner Bundesplatz gesponsert und dürfen seither einmal pro Jahr einen Anlass auf dem Berner Bundesplatz ausrichten. Jedes Jahr Ende Sommer machen sie ein Konzert mit dem Berner Symphonieorchester und einer Rockband, die anschliessend in der Nacht noch spielt. Die sind dann also zu uns gekommen und haben uns vorgeschlagen, etwas Verbindendes zu machen. Das Berner Symphonieorchester sollte zuerst spielen, dann würde es ein kurzes Intermezzo geben, in dem wir gemeinsam 4 bis 5 Songs spielen, danach wäre es ein reines Patent Ochsner Konzert. So war der Plan vor 2 Jahren und wir fanden die Idee gut. Irgendwann aber fanden wir, dass es viel zu schade ist, dieses gemeinsame Zusammenspiel nur so kurz zu machen. "Wenn wir es machen, dann sollten wir dies gleich richtig anteigen", sagten wir uns. Und so haben wir dieses ganze Konzert um ein Jahr verschoben, damit wir Zeit für die Vorbereitung hatten. Wir haben zwei Arrangeure mit ins Boot geholt, Simon Ho und Philipp Heinzi, die dann viele unserer Songs umarrangiert haben und die wir dann geprobt haben. So haben wir versucht, diese zwei Welten zu vereinen.

hitparade.ch: Musstet Ihr denn lange proben?
Büne Huber: Nein, wir hatten gar nicht so viel Zeit. Jedes "Ensemble" hat für sich alleine geprobt. So ein Orchester ist ein riesiger Apparat, das war nicht so einfach. Erst im April haben wir das erste Mal alle gemeinsam geprobt. Dort ging es darum, feine Korrekturen an den Arrangements zu machen. Dann hatten wir noch vier Proben, unmittelbar vor dem Konzert.

hitparade.ch: Das ist nicht viel...
Büne Huber: Nein, wirklich nicht (lacht).

hitparade.ch: Aber dass ihr eine CD und eine DVD daraus machen werdet, das war von Anfang an geplant?
Büne Huber: Nein, überhaupt nicht. Es hat uns auf dem linken Fuss erwischt (lacht). Wir haben es einfach aufgenommen und uns danach gedacht, dass man ein solches Erlebnis nicht einfach vorbeiziehen lassen darf. Zudem haben wir nach dem Konzert sehr viel Post gekriegt, E-Mails und Meldungen, dass wir die Aufnahmen unbedingt veröffentlichen sollen, denn das Konzert sei sehr intensiv und speziell gewesen. Wir dachten uns dann, warum nicht? Obschon das Ganze auch irgendwie unperfekt war. Das ist das Interessante dran: Es treffen zwei Welten aufeinander und man hat nur einen Gig. Und genau dort muss es passieren. Wenn es dann in die Hose geht, sind die Songs nicht brauchbar. Und sicher sind auch mal Fehler passiert, aber wir haben es trotzdem veröffentlicht. Und ich selbst finde, dass das Klangerlebnis irrsinnig ist. Wenn man einen auf Pop-Standart machen würde, könnte man da noch herumschrauben und im Studio einzelne Parts neu aufnehmen, aber das haben wir nicht gemacht.

hitparade.ch: Ich finde es klingt grossartig!
Büne Huber: Mir gefällt es auch sehr, und dies haben wir Diesel Gmünder und Gschweli zu verdanken. Dank ihnen haben wir aus diesem Tonmaterial, das wir hatten, so etwas Transparentes hingekriegt.

hitparade.ch: Was war es für ein Gefühl, ein ganzes Symphonieorchester Deine Songs spielen zu hören? Das muss doch unglaublich sein...
Büne Huber: Der intensivste Moment war für mich eigentlich gleich bei der ersten Probe. Da sind Ändu, Brantschen und ich auf der Bühne in der Mitte des Klangkörpers gesessen. Mitten im Orchester. Und dies bin ich nicht gewohnt, denn normalerweise, wenn ich einem Orchester zuhöre, dann sitze ich in den Zuschauerreihen und die Musik kommt frontal entgegen. Und auf einmal war ich Teil davon und sass mitten im Klangkörper. Und auch wenn alles noch sehr unperfekt war, hat es mich unglaublich berührt. So ein Gefühl würde ich jedem Menschen einmal gönnen. Es ist unglaublich intensiv im Klang eines Orchesters zu sitzen. Wenn man dann auf der Bühne ist, wird man natürlich auch mit anderen Sachen konfrontiert. Was mir aufgefallen ist: Eine Rockband hat ja einen Puls, ein Herz, und das ist das Schlagzeug. Das Herz eines Orchesters ist der Dirigent. Und auf einmal sind zwei Herzen auf der Bühne. Das muss man irgendwie arrangieren. Ändu hat am Schlagzeug einen Bildschirm gehabt, auf dem wir den Dirigenten sehen konnten, denn wir spielten auf der Bühne weiter vorne als das Orchester. Man muss irgendwie geschmeidig bleiben zwischen dem eigenen Band-Herzschlag und dem Herzschlag des Orchesters. Das ist etwas, das wir wohl noch länger hätten trainieren müssen. Für uns, aber auch für das Orchester, war dies eine neue Erfahrung.

hitparade.ch: Bei Songs wie "w.nuss vo Bümpliz" oder "9-10-100-4" musste man ja wahrscheinlich nicht so viel umarrangieren, die haben ja bereits klassische Elemente wie Streicher drin. Aufgrund welcher Kriterien hast Du entschieden, welche Songs bei diesem Konzert gespielt werden sollen?
Büne Huber: Das habe ich nicht alleine entschieden, da waren verschiedene Aspekte wichtig. Mich persönlich hat die Welt von "Vohinger u Vovor" interessiert, denn da ist keine klassische Attitüde im Song vorhanden. Bei der w.nuss war ich mir sicher, dass es funktioniert, das kann fast nicht schiefgehen. Auch bei Scharlachrot war ich mir sicher, dass es hinhauen wird, ausser vielleicht was geschmackliche Entgleisungen angeht. Und wie Du sagst, hat auch "9-10-100-4" eine klassische Attitüde. Aber "Vohinger u Vovor" hat das überhaupt nicht, der Song geht schon eher in die Punk-Rock-Richtung. Und genau das hat mich interessiert. Man weiss ja nicht, obs funktioniert und man fragt sich, ob es möglich ist, die Energie des Songs gemeinsam mit einem Orchester richtig rüberzubringen. Es war extrem schwierig. Wir wussten bis zum Schluss nicht, ob wir den wirklich spielen können. Am Samstag Nachmittag hatten wir noch Soundcheck und hatten beschlossen, den Song dort noch zu spielen. Sollte er dann nicht funktionieren, würden wir in canceln. Und wir hätten ihn tatsächlich canceln sollen, doch irgendwie wollten wir in dann einfach trotzdem - oder genau deswegen - spielen. Die Leute dürfen ja auch hören, dass gewisse Sachen nicht funktionieren, schliesslich machen wir ein Experiment. Und dass wir es dann einfach ausprobiert haben, das fand ich geil.

hitparade.ch: Auf der CD klingt's eigentlich sehr gut...
Büne Huber: (lacht) Ja, aber es ist kein Punk mehr.

hitparade.ch: "21 Gramm" klingt auch toll!
Büne Huber: Bei dem Song hatte ich schon immer ein Augenzwinkern. Schon, als ich ihn geschrieben habe, hatte ich das Gefühl, dass man um diesen Song einen richtigen pathetischen Turm bauen müsste. So richtig mit Orchester, dass es klingt wie in den 70er Jahren beim Eurovision Song Contest, als Bands gemeinsam mit Orchestern gespielt haben, alles so richtig aufgebauscht. Und nun stand da ein föhnfrisierter Dirigent in einem beigen Hosenanzug und Hemd mit breitem Kragen und mit wuchernden Koteletten... das hatte genau diesen Groove, den ich schon immer mochte. Also dachte ich, jetzt kann man das mit dem Song "21 Gramm" tatsächlich so machen. Deswegen hatte ich darauf bestanden, dass der ins Programm kommt. Den haben wir jetzt mal so richtig aufgetürmt.

hitparade.ch: Apropos Eurovision Song Contest... Was hältst Du davon?
Büne Huber: (lacht). Ich schaue das nicht. Ich bin mal mit Böbu in Nizza gewesen und da haben wir geschaut, als diese finnische Band mit den Horror-Masken gewonnen hat, Lordi hiessen die. Da haben wir uns göttlich amüsiert und haben uns den ganzen Contest angeschaut. Mit viel Spass. Aber ich schaue das sonst nicht. Letztes Jahr habe ich Michael von der Heide aus freundschaftlichen Gründen die Daumen gedrückt. Aber ich habe keinen Bezug zu diesem Contest.

hitparade.ch: Ich habe gelesen, dass Du vor dem Konzert ziemlich nervös gewesen sein sollst. Bist Du vor Patent Ochsner Konzerten immer nervös, oder hat Dich dieses musikalische Experiment besonders zappelig gemacht?
Büne Huber: Es war eine andere Art von Nervosität. Ich war ja in den Proben dabei und habe erlebt, wie die Songs auseinanderdriften. Als Sänger steht man da einfach in der Mitte mit einem Scheinwerfer im Gesicht und alle sehen Dich an und denken "Shit" (lacht). Das sieht so was von doof aus. Und wenn das ganze Spektakel tatsächlich schief läuft, dann sehen vor allem wir blöd aus, das Orchester nicht unbedingt. Das muss man einfach sehen. Dann fällt Hohn und Spott über uns (lacht). Und das Orchester geht am nächsten Tag schon wieder zu einem anderen Projekt. Das liegt in der Natur der Sache. Und das hat mich schon sehr nervös gemacht. Am Anfang des Konzertes war es sehr deutlich spürbar, irgendwann hat es sich dann ein wenig gelegt. Aber ich bin die Nervosität nicht ganz losgeworden, bis zum Ende nicht. Auf einer Ochsner-Bühne passiert das nicht, dort bin ich in der Regel nach ein oder zwei Songs meistens gelandet. Aber hier ist die Anspannung bis zum Schluss geblieben, denn man muss einfach geschmeidig bleiben in diesen Welten. Und man muss enorm aufpassen. Ich konnte auch nicht viel zum Publikum sprechen, ich musste versuchen, bei den Songs zu bleiben. Es geht ja um die Musik und nicht um's Entertainment. Also habe ich einfach versucht, schön in den Songs zu bleiben.

hitparade.ch: Was verbindet Dich persönlich mit klassischer Musik?
Büne Huber: Man glaubt es kaum, aber ich höre das viel. Und vor allem seit wir klassische Musikerinnen in der Band haben, wie das Cello oder die Geige, bekomme ich viele Anregungen. So kann ich Werke kennenlernen, von denen ich nicht gewusst hatte, dass sie überhaupt existieren. Das inspiriert mich sehr!

hitparade.ch: Auch moderne Klassik?
Büne Huber: Gerade in der modernen Klassik hat es viele Elemente, die ich vorher nicht gekannt hatte, und die mich sehr interessieren.

hitparade.ch: Nun ist nebst der CD mit der Live-Aufnahme vom 28. August auch eine DVD mit dabei. Was kann man auf diesen beiden Tonträgern alles finden?
Büne Huber: Es ist eigentlich das ganze Konzert zu sehen. Es fehlt kein einziger Song auf der DVD. Einzig die Reihenfolge haben wir ein wenig anders platziert. Die Reihenfolge der Songs hat nicht genau so stattgefunden, wie auf der Scheibe zu hören ist. Wir sind einfach zum Schluss gekommen, dass der dramatische Bogen auf der Scheibe so nicht funktioniert, wie es live auf dem Bundesplatz funktioniert hatte. Dort hatte es gut funktioniert. Es war so aufgebaut, dass das klassische Orchester zuerst gespielt hatte, dann sind wir dazugekommen, danach haben wir noch einen Part alleine gemacht und am Ende kam "Scharlachrot" als Zugabe. Dieser Bogen hat an diesem Abend in sich funktioniert. Auf der CD wirkte es nicht mehr so stark, also haben wir leichte Veränderungen vorgenommen.

hitparade.ch: Im nächsten Frühling wirst Du mit Ändu Hug, Disu Gmünder und Wolfgang Zwiauer gemeinsam einige Clubkonzerte spielen. Ich habe gelesen, dass damit ein Traum für Dich in Erfüllung geht. Inwiefern?
Büne Huber: Weisst Du, mit den Ochsners haben wir inzwischen ein riesiges Songrepertoire, doch es gibt so viele Songs, die stiefmütterlich behandelt werden und auch den grossen Ochsner-Bühnen praktisch nicht mehr vorhanden sind. Songs, die in grosse Hallen gar nicht passen würden. Bereits vor zwei Jahren kam der Moment, in dem ich sagte, wie gerne ich wieder einmal auf eine Kleintheater-Tour gehen möchte. Ich möchte mit den Jungs wie in einem Sandkasten mit der Musik spielen, Spass haben, Geschichten erzählen, basteln... So wie man das als Kind macht. Dies möchte ich wieder einmal machen. Und ich möchte, dass die Songs, die in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt worden sind, auf diese Weise wieder eine Plattform erhalten. Und dabei kann man auch selber wieder neue Entdeckungen machen. Ich freue mich extrem.

hitparade.ch: Sind das also auch Songs aus "Schlachtplatte"-Zeiten und "Gmües", "Stella Nera"...
Büne Huber: Ja genau! Da rede ich beispielsweise von der Trilogie "Schuumbad". Die drei Stücke spielen wir schon seit vielen Jahren nicht mehr auf der Ochsner-Bühne. Mir gefällt diese Welt musikalisch, und auch die Geschichte mag ich sehr. Wir reden auch davon "Pfeuti" zu machen. Die klassische Hit-Welt von Patent Ochsner wird an diesen Anlässen nicht stattfinden. Damit machen wir jetzt eine Pause und geben den anderen Songs diesen Raum.

hitparade.ch: "Los" fände ich sehr schön!
Büne Huber: Zum Beispiel! Der ist auch im Rennen. Aber im Moment sind es über 40 Songs, die im Rennen sind. Normalerweise sollten es etwa 20 bis 25 Songs sein. Ich freue mich sehr!

hitparade.ch: Wie weit seid Ihr mit dem zweiten Teil der Trilogie "The Rimini Flashdown"?
Büne Huber: Wir werden genau in der Zeit dieser kleinen Tournee gemeinsam anfangen zu arbeiten. Zwischen Februar und April werden wir anfangen die ersten Sachen zu machen. Das ist der Plan.

hitparade.ch: Aber Du hast sicher schon was, oder?
Büne Huber: Ja, das schon. Ich habe auch noch Material von Part I. Momentan bin ich aber damit beschäftigt, vieles wieder umzuschreiben. Es wird mir auf jeden Fall nicht langweilig.