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Interview mit Guano Apes



Die Guano Apes sind zurück: Nachdem die Band im Sommer 2009 im Rahmen der DE Festivals "Rock am Ring" / "Rock im Park", sowie in der Schweiz an den Festivals "Greenfield" und "OpenAir Lumnezia" ihr sensationelles Live-Comeback gefeiert hatte, veröffentlicht das Quartett Anfang April 2011 mit "Bel Air" sein erstes Studioalbum seit 2003. Wir haben Henning und Sandra zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Nachdem ihr euch im Jahre 2005 getrennt und eigene Sachen ausprobiert hattet, unter anderem Solo-Projekte, seid ihr zurück. Diesen Ablauf machen viele Bands durch. Was hat euch dazu getrieben, wieder zurück als Band aufzutreten?
Sandra (schmunzelt): Uns war langweilig.
Henning: Ende 2008 hat Stefan, unser Bassist, angefangen, uns zusammen zu bringen nach der langen Zeit, und wir haben uns zuerst vorsichtig aneinander herangetastet und haben festgestellt, dass es da sowohl zwischenmenschlich wie auch musikalisch besser denn je funktioniert. Wir haben uns dann entschlossen, auf Tournee zu gehen, mit den alten Sachen erst mal, und überhaupt nicht über ein neues Album nachzudenken, sondern einfach Spass an uns und unserer Musik zu finden. Wir hatten eine schöne Saison-Tour und haben dann erst später entschieden, ein neues Album zu machen. Gut eineinhalb Jahre später sitzen wir hier und präsentieren unser neues Werk.

hitparade.ch: Wie war es, nach Jahren wieder ein Album aufzunehmen und aufzutreten? Muss man zuerst wieder Vertrauen aufbauen oder war alles noch wie früher? Seid ihr die Sache anders angegangen?
Sandra: Wir waren Alle eigentlich entspannt und haben Vieles wieder nachgeholt und haben festgestellt, dass Musik nicht das Allerwichtigste im Leben ist, sondern, dass es genauso andere wichtige Dinge im Leben gibt. Und so gingen wir die Sache ruhig an, haben erst mal Kuchen gegessen und lange gequatscht. Mit der Zeit haben wir uns dann an die Instrumente gewagt und haben versucht, alte Songs zu spielen und haben uns halb totgelacht dabei, weil da alte Erinnerungen hochkamen und das war schön, das Gefühl. Wir haben schöne und schlechte Zeiten erlebt und jetzt wissen wir eben, wo das Schöne herausholen. Jeder hat sich verändert, wie ich finde zum Bessern hin und jetzt kann man sich wunderbar auf die Musik konzentrieren.

hitparade.ch: Das neue Album heisst "Bel Air". Was hat es mit dem Namen auf sich?
Henning: Der Name ist ein kleiner Auszug aus dem Text der aktuellen Single "Oh What A Night". Wir haben schon immer die Tradition gehabt, dass wir versucht haben, aus Texten die Albumtitel wiederzufinden. Vielleicht beschreibt der Name auch schon die gute Stimmung, die zwischen uns herrscht und die Leichtigkeit, mit der wir auch an die Produktion der Platte herangegangen sind, weil wir uns selber nicht wie früher dem Druck ausgesetzt haben, weil wir in so einer Routine drin gewesen waren. Wir haben uns alle Zeit der Welt genommen, um wirklich genug Songs zu schreiben, um uns musikalisch auszuprobieren, um zu schauen, wie es zusammen wieder funktioniert, neue Einflüsse, die wir mit einbeziehen können und das hat uns und dem Album sehr gut getan.
Sandra: Und "Bel Air" steht natürlich auch für eine Art Wort für die Traumwelt, die die
Musik schaffen kann. Genau wie in Hollywood die Traumfabrik steht und man Träume optisch wiedergibt, versuchen wir eben mit der Musik das zu machen. "Bel Air" trifft das ganz gut.

hitparade.ch: Seit der Trennung der Band hat sich bei euch sicher viel geändert. Wie habt ihr euch musikalisch weiterentwickelt, wenn man das neue Album mit den alten Alben vergleicht?
Sandra: Es ist nicht mehr ganz so aggressiv und aufdringlich wie es früher war. Wir haben früher viel gefordert vom Publikum durch unseren Irrsinn, den wir natürlich immer noch haben, das ist wichtig und unsere Spielfreude, doch wir zeichnen das Ganze nicht mehr so, wir sind relaxter geworden im Songwriting. Die Aspekte, die Energie und die Verrücktheit, die es eben auch ausgemacht haben, haben wir nach wie vor. Die neuen Songs sind melodiöser geworden.

hitparade.ch: Es ist interessant, wie auch die Fans positiv darauf reagieren.
Henning: Das ist schön, ja, das ist genau das, was wir erreichen wollten, haben aber auch versucht, so wenig Gedanken wie möglich zu machen. Ich denke, wenn man viel Musik macht zusammen, kommt auf irgendeine Art und Weise immer etwas heraus, was nach uns klingt. Wir haben auch versucht, alles zuzulassen bei dem Album und für uns neue Türen aufzustossen. Wir wollten nicht genau das Gleiche machen wie früher, das wäre glaube ich der sichere Tod gewesen.

hitparade.ch: Wahrscheinlich gibt es da auch Fans, die sich zuerst an die neuen Einflüsse gewöhnen müssen.
Sandra: Als Künstler versuchst du auch selber, dich irgendwie neu zu inspirieren, wäre ja sonst langweilig, als ob du immer dasselbe Bild malen müsstest. Natürlich suchen wir nach neuen Motiven, wir möchten uns auch selber glücklich machen damit und wenn man es schafft, Andere damit zu berühren, dann hat man das Ziel wirklich erreicht.
Wir wissen schon, dass es für den einen oder anderen Fan nicht leicht sein wird, das zu verstehen, vielleicht wollen auch Alle das ewige "Lord Of The Boards"-Lied haben, aber da war uns einfach nicht danach.
Henning: Warum sollen wir das wiederholen, was wir schon gemacht haben? Es ist ja nichts verloren, das Repertoire ist ja nach wie vor da (lacht).

hitparade.ch: Die neue Single "Oh What A Night" ist bereits seit Januar zu hören, ein sehr gelungener Comeback Track. "I Guess You're Ready For The Show", das in den Lyrics vorhanden ist, scheint ein gutes Opening. Wie kam es zu dieser Single-Auswahl und was könnt ihr darüber erzählen?
Sandra: Uns war gar nicht so wichtig, welcher Song Single wird, weil wir finden alle Songs super, die Single-Auswahl überlassen wir dem Management und der Plattenfirma, die schon das Richtige auspicken werden. Ich finde "Oh What A Night" ist eine gute Wahl, weil er Vieles verbindet. Der Song ist eine gute Mischung zwischen den neuen Elementen und dem, was wir früher gemacht haben, er zeigt von Beidem etwas. Vom Inhaltlichen her ist es ein Aufbruchstimmungslied.

hitparade.ch: Manche Songtexte sind rätselhaft, man wundert sich, was gemeint ist, wie zum Beispiel beim Song "Fanman" der auf dem Album vorhanden ist. Im Text singst du: "I'm running away 'cause the fanman hunts me tonight". Den Song finde ich sehr interessant, was kannst du uns über diesen Song erzählen?
Sandra: Über diesen Song rede ich nicht (lacht). Ich bin ja bekannt dafür, dass ich meine Texte im Nachhinein ungern auseinandernehme. Ein Gedicht möchte ich auch nicht erklären müssen. Ich denke mir etwas bei meinen Texten und ich hoffe, dass es Jeder für sich versteht oder interpretieren kann oder eben auch nicht. Ich lege es nicht darauf an, es Jedem leicht verständlich zu machen. Die Texte bestehen aus Erfahrungen und Traumwelten, die ich aufbaue, es sind Fifty-Fifty Sachen.

hitparade.ch: Wenn wir gerade bei den Songtexten sind, schreibst du alle Songs alleine oder bringt Jeder seine Ideen und am Schluss wird es kombiniert?
Sandra: Ich glaube, das wäre katastrophal (lacht). Nein, ich habe schon immer alles selber geschrieben.
Henning: Ich glaube, das ist auch gut so, Sandra hat da ihre besondere, persönliche Art und letztendlich muss sie es ja dann auch singen und nach aussen kommunizieren, und das ist ganz gut, wenn man das selber macht.

hitparade.ch: Ich habe gelesen, du wolltest früher eigentlich Design studieren, bevor du zu Guano Apes kamst. Habt ihr euch schon einmal vorgestellt, was ihr machen würdet, wenn es nicht Musik wäre?
Sandra: Ich würde irgendwo im Kunstsegment zu finden sein, auf jeden Fall irgendetwas im Designbereich.
Henning: Ich glaube, mir wäre auch wichtig, mit kreativen Leuten zu arbeiten. Ich bin eher ein Teamarbeiter. Alleine fühle ich mich wie in einem Inselbetrieb, es ist schon wichtig, etwas gemeinsam zu machen.

hitparade.ch: Seit Anfang der 90er Jahre gibt es euch als Band. Vieles hat sich technisch verändert. Ihr wart eine der ersten Bands, die sich schon auf das Internet konzentriert haben. Der Designer Friedel Muders, der alles gestaltete, bekam dafür sogar einen Echo im Jahre 2001. Wie geht ihr mit der heutigen, rasanten Technik um, wenn man sich vorstellt, dass alles nur noch digital ist und die meisten Leute downloaden? Wie kommt man da als Musiker durch?
Sandra: Wir haben das grosse Glück, in einer Zeit bekannt geworden zu sein, in der sich der Wert der Musik noch nicht so verloren hatte, als man sich noch gefreut hat, ein CD Booklet in der Hand zu halten und man sich mit dem Künstler, mit der Historik, ein bisschen befassen konnte. Damals hat auch noch nicht so eine Überflutung an Informationen von Künstlern stattgefunden, da haben wir schon Glück gehabt. Wenn ich heute anfangen müsste Musik zu machen, wäre es sehr schwierig, da überhaupt durchzukommen, weil es einfach so wahnsinnig viele Künstler gibt. Als Newcomer ist es schwieriger, der Wert der Musik hat schon ein bisschen verloren, man klickt nur noch einzelne Songs an und die meisten jungen Leute wissen gar nicht mehr, was sie alles in ihrer Playlist haben. Von daher ist es schön für uns, dass wir eine gewisse Historik mit uns herumtragen und dass es viele Leute gibt, die einen Bezug dazu haben. Man kann es positiv, sowie auch negativ sehen, für uns ist es mehr positiv, weil wir hatten unsere Fans all die Jahre immer noch aktiv, als wir gar nichts gemacht haben und das ist ein grosses Geschenk als Künstler. Auf der anderen Seite jammern natürlich die Plattenfirmen, weil sie weniger verkaufen wegen der grossen Verbreitung der heutigen Technik.

hitparade.ch: Ihr habt schon viele Jahre Erfahrung in der Rockmusikindustrie. Der grosse Nachteil der Rockmusik in der Schweiz und vielleicht auch in Deutschland ist das Airplay im Radio. Viele Stationen meiden Rockmusik, es sei denn, sie ist international und klassisch wie AC/DC. Wie geht man damit um?
Henning: Die Radiostationen in Deutschland sind deutlich rockiger geworden als noch vor ein paar Jahren. Wir waren hier gerade in der Schweiz im Radio am Promoten, mal schauen. Wir sind nicht unbedingt die Band, die sich riesig in den Airplaycharts tummelt, wir freuen uns jedoch, wenn sie eins, zwei Songs herauspicken, die sie spielen können. Natürlich ist es eine wertvolle Promo-Marketing Kampagne, uns geht es jedoch mehr darum, live die Musik unter das Volk zu bringen.
Sandra: Und da habt ihr ja super Festivals dafür in der Schweiz (lacht)!
Wir nutzen natürlich auch das Internet und das ist auch eine grosse Konkurrenz für das Radio, die Leute picken sich selber aus, was sie hören wollen.

hitparade.ch: Ihr habt schon viele Tourneen hinter euch, 2009 war eure Comeback Sommerfestival Tour, unter anderem wart ihr auch in der Schweiz am Greenfield Festival. Was war bis jetzt euer Highlight aller Konzerte in den Jahren? Gibt es etwas Spezielles, das euch einfällt?
Henning: Um in der Schweiz zu bleiben ist da eins, war mir auf jeden Fall speziell in Erinnerung geblieben ist: Das erste Mal, als wir in St. Gallen gespielt haben, hat es fürchterlich geregnet und es war sehr matschig. Vor der Zugabe ist Dennis, unser Schlagzeuger, vorne über die Barriere hinüber zum Publikum gegangen und hat mit den Leuten da Schlammdiven gemacht, und wir waren oben auf der Bühne und haben da noch ein bisschen gejammt…
Sandra: Und die Security hat ihn nicht mehr hochgelassen (lacht)!
Henning: Er hatte natürlich keinen Pass und nichts mit und kam nicht durch, obwohl er sagte, er müsse zurück auf die Bühne.

hitparade.ch: Die Security hatte nicht gemerkt, dass er der Schlagzeuger ist?
Henning: Nee, die haben sich wahrscheinlich gedacht, es sei ein völlig zugeschlammter, verrückter Typ, der auf die Bühne will. Irgendwann haben wir ihn unter den Leuten entdeckt und gesagt, dass er hochkommen müsse, er gehöre zur Band. Es hat dann geklappt und wir konnten weiterspielen.
Sandra: Da war er dann vielleicht böse und hat getrommelt wie noch nie (lacht)!
Wir haben viele schöne Konzerte gehabt. Eines der Highlights war auch Miami, direkt in der Stadt, das Wasser, die Delphine, vor uns verrückte, halbnackte Amerikaner.
Henning: Wir hatten wahnsinnige Erlebnisse, jedoch auch schockierende Sachen. Wir hatten einmal eine Bombendrohung in Portugal während des Konzerts, es musste dann evakuiert werden, das war grauenhaft. Gott sei Dank ist bei unseren Konzerten noch nie jemand zu Schaden gekommen, das wäre der absolute Horror.

hitparade.ch: Ab April seid ihr wieder auf Tournee. Wird man euch dieses Jahr auch auf Open Airs antreffen?
Sandra: Ja wir sind auch dieses Jahr dabei in der Schweiz.
Henning: Wir sind in ganz Europa unterwegs, und am 18. Oktober in Zürich.

hitparade.ch: Kommen wir zur Top 10 der Schweizer Singles-Hitparade. Könnt ihr etwas darüber sagen?

10. Rihanna - S&M
Sandra: Joa.. Ich höre sie mir ganz gerne an. Sie benutzt jedoch viel Melodyne, diesen Effekt, der die Stimme gerade rückt. Sie singt alles sehr ähnlich, das stört mich ein bisschen, aber sonst finde ich die Songs ganz gut.
Henning: Irgendwie hat sie so schnell wieder einen Song im Radio und alles klingt ähnlich.

9. Taio Cruz feat. Kylie Minogue - Higher
Sandra: Das ist nicht so mein Geschmack, das geht in das eine Ohr hinein und zum anderen Ohr hinaus.
Henning: Es stört beim Bügeln nicht.

6. Madcon feat. Ameerah - Freaky Like Me
Sandra: Ich mag die Stimme nicht so. Ich muss sagen, von Nr. 10 bis hier ist alles ziemlich ähnlich, das hätte ein Songwriter sein können.

5. Enrique Iglesias feat. Ludacris & DJ Frank E - Tonight (I'm Lovin' You)
Sandra: Um Gottes Willen. Mag ich überhaupt nicht.

4. Adele - Rolling In The Deep
Henning: Gefällt mir ganz gut. Es ist eine gute Art für sie, bin mir aber nicht sicher, ob der Song stark genug ist für sie, da er so einförmig ist.

3. Jennifer Lopez feat. Pitbull - On The Floor
Sandra: Ich glaube, das ist ein Cover und ich verstehe nicht, warum sie das gemacht hat. Es gibt so gute Songwriter, da hätte sie sich einen besseren Song herauspicken sollen.

2. Lady GaGa - Born This Way
Sandra: Diesen Song finde ich ehrlich gesagt ziemlich mies. Also ich habe ihre Platte, ich fand die auch gut, es ist eine interessante Künstlerin. Entweder man hasst sie oder man liebt sie. Sie kann auch selber singen, komponieren und spielen und von daher finde ich das immer einen Pluspunkt wert. Ich glaube, da gibt es in den Top 10 genau zwei bis drei, die das können und sie ist eben eine davon. Doch dieser Song ist schwach.

1. Bruno Mars - Grenade
Henning: Ich finde es gut gemachte Pop Musik, manchmal ist es zu cheesy, aber er macht es mit Leidenschaft.
Interview durchgeführt: Sonja Eberhard
Redaktion: Sonja Eberhard, Gabi Wegmüller