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Interview mit Patent Ochsner



hitparade.ch: Liebi, Tod + Tüüfu ist ja im September 05 erschienen. Wie lange müssen die Fans auf euer nächstes Werk warten?
Büne: Also, im November, Dezember gehen wir nochmals in Clubs bis Weihnachten. Erstaunlicherweise, was für mich gar nicht üblich ist, habe ich bereits während dieser Tour wieder mit Songs schreiben begonnen. Normalerweise gibt es das nicht, bisher hat es dies jedenfalls nicht gegeben. Aber gell, vielleicht ist das ja alles Schrott! Ich weiss es wirklich noch nicht. Nächstes Jahr sind wir spielfrei und ich nehme an, wir werden nächstes Jahr wieder zu arbeiten anfangen.

hitparade.ch: Rückblickend auf deine Karriere: Hast du einen absoluten Lieblingssong?
Büne: Das ist wirklich schwierig. Das ist etwas, das sich immer bewegt. Meinen aktuellen Lieblingssong spielen wir normalerweise auch. Nur jetzt im Moment eben leider nicht.
hitparade.ch: De "Schlächt Verlüürer"?
Büne: Genau. Wir kriegen ihn einfach nicht hin. Ich weiss auch nicht. Wenn man im Studio ist, herrscht eine solche Konzentration auf etwas. Es gibt einen Fokus auf den Inhalt eines Songs mit all seiner Zerbrechlichkeit. Und damals ist uns dieser Song einfach so gut geglückt, dass wir uns letztendlich an diesem Ergebnis messen. Auf der Bühne haben wir ihn einfach nicht hinbekommen, nicht einmal annähernd. Und irgendwann kapituliert man einfach. Natürlich ist man in diesem Moment einfach enttäuscht, es ist einfach schade. Scheisse, oder? Wir kriegen ihn nicht hin, wie er mir vorschwebt. Wir haben ihn in anderen Formen gespielt, wo vielleicht jemand sagen würde: Ja ja, der ist stark. Aber wir kriegen diese Intensität nicht hin. Ich habe absolut keine Ahnung, ich weiss nicht mal ansatzweise, woran es liegt. Das ist enttäuschend. Solche Sachen passieren immer wieder. Ich kann mich gut erinnern, als es um "Gmües" ging, da haben wir "Jänner" einfach nicht hinbekommen. Der hat einfach immer scheisse geklungen. Der hatte nicht ansatzweise etwas davon, was ich gesucht habe. Und danach gab es eine Zeit, wo wir diesen klar in unserem Programm hatten. Das gibt es halt, damit muss man irgendwie leben und halt manchmal auch demütig damit umgehen. Es ist nicht sehr einfach zu ertragen.

hitparade.ch: Hörst du dir deine alten Platten häufig an?
Büne: Nein, die laufen bei mir zu Hause eigentlich nicht. Immer nachdem du eine Platte gemacht hast, beginnst du dir Gedanken zu machen und wie die Tour aussehen könnte und das sind Momente, in denen ich die alten Sachen sehr intensiv höre. Aber ich muss es mir nicht unbedingt anhören um zu wissen, wohin es mich zieht. Ich muss ein bestimmtes Gefühl entwickeln und dafür höre ich es mir an. Und dann gibt es auch den Fall, dass ich dazu gezwungen bin, es zu hören. Meine Tochter hat manchmal Phasen in denen sie wahnsinnig Patent Ochsner Fan ist und es sich dauernd anhört. Aber das hört glücklicherweise auch manchmal wieder auf.

hitparade.ch: Was bedeuten für dich Liebe, Tod und Teufel?
Büne: Für mich ist es so: Liebe, in der ehrlichsten und direktesten Form, das ist das Zentrum vom Leben. Es sind eigentlich alle drei Begriffe starke Symbole in einem Leben. Auch immer mit dem konträren Bild natürlich. Liebe, Hass, Verachtung, genau gleich wie Tod auch Leben heisst. Man kann leben, wenn man den Tod akzeptiert. Er ist Bestandteil des Lebens. Oder Teufel bedeutet in positiver Form auch etwas Göttliches. In einem spirituellen Sinn. Es sind ganz zentrale Begriffe meines Lebens, es ist ja nicht für alle gleich. Obschon das mit Gott, das funktioniert bei mir überhaupt nicht. Religiosität hatte für mich noch nie etwas mit der Kirche zu tun. Das sind für mich Sachen, die mich wahnsinnig ergreifen. Ich weiss nicht, ob man einer Geburt beiwohnen kann, ohne spirituelle Erfahrung. Das gibt es wahrscheinlich schon, aber für mich nicht. Als unsere Tochter zur Welt kam, war ich in einem wahnsinnigen Masse beeindruckt von dieser Schöpfung, die irgendwo auf einmal spirituell wird. Ich meine, da kommt ein Mensch auf die Welt und du weisst, da kommt irgendeine Zukunft. Das ist derart intensiv. Deswegen fällt es mir schwer, es dann in einen kirchlichen Kontext zu stellen. Da war ich immer fremd.

hitparade.ch: Auf hitparade.ch gibt es ein Forum, wo die User über die w.nuss von Bümpliz und ihre Bedeutung diskutieren. Eine Theorie beispielsweise lautet, der Song sei pervers zu verstehen, von wegen "d'Spargle wachsed i Bluetjung Morge".
Büne: So pervers ist das nicht, das passiert jedem Mann jeden Morgen! (lacht).

hitparade.ch: Du beantwortest die Frage ja nicht gern, aber kannst du uns vielleicht einen kleinen Hinweis geben? Es geht um eine Frau in deinem Leben, richtig?
Büne: Es geht um eine Frau, das stimmt. Also für mich geht es schon wahnsinnig weit, wenn ich jetzt höre, dass es um eine Frau geht. Ich habe schon gehört, es sei ein Baum oder ein Park in Bümpliz. Oder eine Kindergärtnerin, alles wunderbar. Aber wenn ich das Rätsel jetzt auflösen würde, dann hätte ich einen Spass weniger. Alle diese schönen Definitionen gingen verloren. Aber weisst du, ich mache mich nicht lustig darüber, ich finde es einfach unglaublich lustig, weil der Song für mich glasklar ist. Natürlich sehe ich auch, dass es eine bildhafte Geschichte ist. Eine Aneinanderreihung von emotionellen Geschichten und Bildern ergeben eine Geschichte. Wenn ich diese auflöse, bekomme ich ganz viele Geschichten nicht mehr. Und das möchte ich lieber nicht. Es wäre schade. Ich habe Musik auch immer so gehört. Als ich 15 oder 17 Jahre alt war, habe ich mich wahnsinnig für Texte interessiert. Und ganz viele Dinge von Dylan habe ich einfach nicht kapiert und mir halt meine eigenen Interpretationen gemacht. Jahre später merkst du dann, dass du eigentlich voll "id Schiissi glänged hesch". Das stimmte ja alles gar nicht. Aber trotzdem halte ich an diesen Bildern fest. Das ist etwas, das mir an Texten gefällt. Texte die Spielraum für Interpretationen freilassen.

hitparade.ch: Ist das nicht auch ein Beweis dafür, dass ein Text gut ist?
Büne: Muss nicht sein, es kann ja auch Schrott sein, der bei dir etwas auslöst.

hitparade.ch: Ist denn allen deinen Songs eine Bedeutung zuzumessen, oder gibt es auch Songs, die schlicht nichts bedeuten?
Büne: Im weitesten Sinne ist zum Beispiel "Weischwienimeine" ein Song, der nur aus einer Aneinanderreihung von Floskeln besteht und daher keine tiefe Bedeutung hat. Es sind bloss Worthülsen, die zumindest in Bern oft gebraucht werden. Natürlich hat der Song dann genau dadurch wieder eine Bedeutung. Ich meine, so reden wir halt miteinander. Ganz viele Sachen sind einfach Füllwörter und Füllsätze, aber es ist deswegen nicht bedeutungslos. Ein absoluter Nonsens-Song fällt mir eigentlich nicht ein. Es hat eigentlich immer einen Hintergrund, auch wenn der Song vielleicht Nonsens-mässig wirkt.

hitparade.ch: Eine Frage, die viele Fans von dir beschäftigt: Wie lautet dein Taufname? Heisst du Bernhard? :
Büne: Nein, mein wirklicher Name ist Hanspeter! Am Anfang unserer Geschichte fing jedes Interview so an. Am Anfang musste ich es geheim halten, weil ich ja noch im Telefonbuch stand. Dann war es mir eigentlich recht, dass nicht alle wussten, wie ich heisse. Jetzt mach ich da aber kein Geheimnis mehr draus. Ich habe diesen Namen bekommen, nachdem meine Mutter mit mir aus dem Spital gekommen ist, kurz nach meiner Geburt. Da hat meine Schwester mich "Herr Bünde" genannt, niemand wusste weswegen. Sie hat das irgendwie bei der Wetterprognose aufgeschnappt im Radio, als es um Nord- und Mittelbünden ging. Ich habe dann den Namen behalten. Nicht mal meine Lehrer haben mich Hanspeter genannt. Ich hatte sogar eine Zeit, in der ich mich davon distanzieren wollte, doch das hat nie geklappt. Alle haben mich immer nur Büne genannt.

hitparade.ch: In "Vellechlanisolasy" singst du im Refrain plötzich eine Zeile Züridütsch. Zielst du da auf jemand Bestimmtes?
Büne: Nein nein, das entstand ganz spontan beim "Blöd tue" im Studio. Nein, das ist ein sehr autobiografischer Song.

hitparade.ch: Wie entscheidet ihr, welche Songs ihr an Festivals spielt und welche nicht?
Büne: Weisst du, das mit den Festivals ist immer so eine Sache. Da haben wir eine Zeitvorgabe, heute waren es 70 Minuten, manchmal sind es 90 Minuten, aber länger spielt man selten. Wir haben nur an wenigen Festivals zwei Stunden gespielt. Das muss man dann vorher planen. Heute haben wir in der Garderobe noch Zeugs aus dem Programm geworfen, weil wir gemerkt haben, dass dieses Repertoire wahrscheinlich länger als 70 Minuten dauern würde. Wir waren eigentlich erstaunt, dass wir Scharlachrot noch gespielt haben. Wir dachten eigentlich, vom zeitlichen Ablauf her ist nach der w.nuss wahrscheinlich Schluss. Das entscheiden dann nicht mehr wir, ob wir noch einen Song anhängen können, ab einem bestimmten Punkt kommt die Zeitlimite wo man merkt, man hat noch zwei Minuten und dann geht's halt nicht mehr.

hitparade.ch: Wenn die Fans einen älteren Song wie beispielsweise "Salz & Stahl" oder "los" fordern würden, hättet ihr den überhaupt noch drauf?
Büne: Nein, das könnten wir nicht. Also das hat auch damit zu tun, dass die Band, die jetzt auf der Bühne steht natürlich nicht die ist, die bei der Schlachtplatte auf der Bühne gestanden hat. "Salz und Stahl" hatten wir nie wieder im Repertoire. Find ich ehrlich gesagt kein besonders guter Song. Mir gefällt nur der Refrain: "E lah kes Gheimnis gheim aber vo mer verzeue e nüd".

hitparade.ch: Spielst du lieber an richtigen Patent Ochsner Konzerten oder an Open Airs?
Büne: Es sind irgendwie zwei Paar Schuhe. Das eine ist die grosse Bühne: Das geht nicht spurlos an einem vorbei, wenn da 20'000 Menschen vor einem stehen und Songs mitsingen. Das lässt dich sicher nicht kalt. Aber rein vom Musikalischen her oder von diesem Bogen, den man sich vorstellt, ist es für mich schon viel interessanter, wenn man Vollzeit spielen kann. Ich meine so 2 oder 2.5 Stunden. Da kannst du mehr ausloten. Und der intime Rahmen gefällt mir natürlich grundsätzlich besser.

hitparade.ch: Gibt es wieder einmal ein neues Live-Album von euch zu kaufen? Viele Songs haben sich live ja stark verändert - wie zum Beispiel Fischer.
Büne: Es ist nicht geplant. Wobei, auf dieser Tour haben wir mehrere Konzerte aufgenommen, weil wir plötzlich das Gefühl hatten, genau aus diesem Grund, weil sich soviel verändert hat, müssten wir mal wieder eine Bestandsaufnahme machen. Aber dann habe ich gleich die Lust wieder verloren. Ein Livealbum aufzunehmen heisst in der Grundtendenz, es ist irgendetwas Konservatives. Etwas, das man schon mal gemacht hat in einer neuen Form zu veröffentlichen. Es ist einfach spannender an neue Sachen heranzugehen.

hitparade.ch: Die Fans würde es natürlich freuen!
Büne: Ja vielleicht gibt es zukünftig mal Formen, dass wir mal ein Konzert ins Netz stellen werden, die man als Ganzes herunterladen kann. Da muss man gar nicht immer unbedingt einen auf Verkauf machen. Oder vielleicht Teile davon, ich weiss es auch nicht. Aber im Moment ist es so: Du kannst sagen, komm wir machen ein Live-Album. Und dann bist du anfangs vielleicht euphorisch und dann plötzlich verlässt es einen wieder. Ich bin so ein unsteter Mensch. Alles was neu kommt, interessiert mich dann hundert mal mehr. Natürlich hat der Fischer sich immer wieder verändert, aber ist es denn wahnsinnig wichtig, den auf eine Platte zu tun? Ich weiss es doch nicht (lacht). Jemand sagt vielleicht: Ja, es ist wunderschön eine Entwicklung eines Songs mitanzusehen, aber mich verlässt da irgendwie die Energie. Was soll man da Stunden, Wochen, Monate hergeben? Wenn man mal an einen Punkt gerät, wo man sagt, jetzt möchte ich sowieso eine Pause machen, dann kann man ja etwas, das schon lange brach liegt, mal machen, wieso nicht? Für mich steht es aber momentan nicht an.

hitparade.ch: Kannst du dir vorstellen, irgendwann ein weiteres Soloprojekt zu starten à la Honigmelonemond?
Büne: Nein, das hat damals mit der Geburt unserer Tochter zu tun gehabt. Und ich war einfach zutiefst ergriffen. Ich wollte ihr damit ein Geburtsgeschenk geben, von dem ich weiss, da drin ist so viel verborgen, dass sie auch als alte Frau noch hören kann und Dinge entdecken kann. Das war mir wichtig und fairerweise musste ich sagen, das ist ein Soloalbum, da lasse ich mir nicht reinreden und zwar nicht ins Kleinste. Ich wusste, wie die Scheibe klingen sollte, das ist meine Geschichte mit ihr. Oder zumindest die damalige Geschichte. Heute würde diese Geschichte wahrscheinlich wieder anders aussehen. Das hätte man einfach nicht als Ochsner-Platte rausgeben können, das hätte ich nicht gewollt. Weisst du, wenn du so viele Jahre mit einer Band zusammenarbeitest und dann gehst du ins Studio und sagst: 'Nein, tztztz, das geht jetzt genau so wie ich das will!', das kannst du nicht machen. Das wäre schwierig. In dem Sinne steht eigentlich nichts an, ausser es würde jetzt etwas ganz Einschneidendes in meinem Leben passieren, das mich so weit treiben würde, dass ich etwas umsetzen will, wo dann keiner mitreden darf. Dann würd ich wieder eine Soloscheibe machen.

hitparade.ch: Wieviele Instrumente kannst du eigentlich insgesamt spielen?
Büne: Ich weiss es nicht, ich hab sie nie gezählt. Eigentlich ist es ganz einfach. Es sind ein paar Saiteninstrumente und ein paar Tasteninstrumente und dann hört es auch schon wieder auf. Ich bin ein schlechter Schlagzeuger und auch ein schlechter Bassist. Da hast du vielleicht eine Mandoline oder so, aber im Kern bleibt es doch ein Saiteninstrument. Anders wird es dann bei Cello und Geige, das kann ich nämlich wirklich nicht.

hitparade.ch: Gibt es vielleicht in naher Zukunft mal die Möglichkeit, deine Kunst in einer Ausstellung zu bewundern?
Büne: Einmal mehr ist wieder etwas geplant, das ich dann am Schluss wieder nicht mache, weil gerade die Musik wieder mal wichtiger ist. Es liegt für mich nicht brach, aber ich sollte schon lange mal damit an die Öffentlichkeit. Es ist mir schon richtig peinlich, aber letztendlich kommt dann wieder ein Musikprojekt und dann bin ich da drin. Das läuft dann mal und ich denke mir: Naja, ein anderes Mal vielleicht. Und dann kommt wieder ein anderes Mal und dann wieder ein anderes Mal… Nein, in dieser Hinsicht bin ich eine richtige Schlampe (lacht). Ich bin ja nicht stolz drauf, aber irgendwie muss ich schon längst über mich lachen.

hitparade.ch: Was für Sound hörst du dir eigentlich privat an, so zum abschalten?
Büne: Im Moment höre ich mir im Auto andauernd die neue Platte der Red Hot Chili Peppers an, die finde ich absolut stark. Dann freue ich mich wahnsinnig auf die neue Dylan-Scheibe, bei der ich nicht weiss, was mich erwartet. Ich höre Kraut und Rüebli. Und ich bekomme auch viele CD's zugeschickt von Bands, die ich überhaupt nicht kenne und zwischendurch ist da irgendwas dabei, vollkommen unbekannt und aus einer völlig anderen musikalischen Richtung, das mir gefällt und wo ich andoggen kann. Und manchmal suche ich ganz gezielt nach etwas Besonderem. Zum Beispiel immer wenn Daniel Landa als Produzent auftaucht, interessiert es mich ganz besonders. In letzter Zeit ist eh meine Tochter der DJ in der Hütte, die legt auf, was ihr gerade passt. Sie ist jetzt neun. Sie gibt mir gute Impulse.

hitparade.ch: Fängt sie auch schon mit Instrumenten an?
Büne: Ja, sie hat wie die meisten in ihrem Alter mit Flöte angefangen, seit einem Jahr spielt sie Klavier und entwickelt sich dort wunderschön. Und wenn ich mit ihr bei mir in der Baracke bin, dann setzt sie sich immer sofort ans Schlagzeug. Ich spiele dann Gitarre und sie drummt dazu.